Als noch mit Torf geheizt wurde

Die Titelseite ist grau gehalten und zeigt vier Schwarzweiß-Aufnahmen von Kaufmannsläden. Sinnbild für die Wirtschaftswunderzeit, die auch im Dorf Russee eingezogen ist.

Den beschwerlichen Weg zu neuem Wohlstand nach dem Zweiten Weltkrieg dokumentiert Robert Bartels in seinem neuen Buch „Russee in der Nachkriegszeit“. Hierbei konzentriert er sich auf die Jahre 1946–1960.
Der Vorsitzende des Geschichtskreises „Rund um den Russee“ beleuchtet auf 188 Seiten, wie die Menschen ihr Schicksal meisterten. Die Wohnungsnot war neben dem Hunger die prägendste Erfahrung für die Russeer Bevölkerung. Dazu kamen Armut und das Fehlen von Material und Bekleidung.
Am 20. Januar 1946 öffnete die Volksschule Russee wieder für die Kinder. Da Hunger und Armut sehr präsent waren, wurde am
2. Juli 1946 die Schulspeisung eingeführt. Somit hatten die Kinder wenigstens einmal am Tag eine regelmäßige Mahlzeit.
Als ob die Menschen nicht schon genug Sorgen hätten, kam es im Winter 1946/47 noch einmal ganz hart. Der kälteste Winter des Jahrhunderts mit Brennstoffmangel in zugigen Baracken forderte die gebeutelte Bevölkerung in hohem Maße. In der Folge bemühten sich die Feierabendpolitiker um die Beschaffung von Brennstoff. Jedes Jahr wurden Torfaktionen durchgeführt. Torf wurde zu jener Zeit als Brennstoff genutzt.
Es gab aber auch Zeichen, dass es wieder aufwärts gehen kann. Die Währungsreform und das Streben nach wirtschaftlicher Besserung führte dazu, dass es in Russee zu einigen Betriebsgründungen kam. Neben Handwerksbetrieben wie der Maschinenfabrik Harbs, dem Fahrradgeschäft Eisermann und Elektro Kolbach wurden viele Kolonialwarengeschäfte eröffnet.
Dass Russee eben ein kleines Dorf am Rande Kiels war, ist daran zu erkennen, dass mit Kuno Witt, der nach Hassee zog, Firma Albrecht und Firma Nagel, die eine Räucherkate in Russee betrieb, der Verkauf landwirtschaftlicher Produkte ein wichtiger Wirtschaftsfaktor war. Die Geschichten dieser drei Unternehmen werden im Buch nachgezeichnet.
Bebildert ist die Veröffentlichung durch 125 Fotos, ein Dutzend davon in Farbe, und weiteren Abbildungen, darunter Wahlkampfzettel, das erste Protokoll der Gemeinderatsitzung, Lebensmittelkarten, Infografiken, Zeitungsberichte und Werbeanzeigen, Zeugnisse, Siedlungspläne und sogar ein Theaterstück, das im Gasthaus Mordhorst vor dem vernichtenden Brand aufgeführt wurde. Zum Inhalt gehören auch Auflis­tungen von Einwohnerzahlen und Wahlergebnissen.
Das 188-seitige Buch ist zum Preis von 15 Euro bei Zimmermann in der Rendsburger Landstraße 359 erhältlich oder direkt beim Autor: robert_bartels@freenet.de.

Text: Frahm