Botschafter für saubere Meere

Cornelia Kühn und Manfred Kähler organisieren die Kieler Zukunftswoche für Schulklassen zum Thema Nachhaltigkeit, Umwelt und Meeresschutz. Fotos: Jens Uwe Mollenhauer

Manfred Kähler und Cornelia Kühn engagieren sich für den Umweltschutz

Die Umweltschutzorganisation „One Earth – One Ocean“ e. V. (oeoo) organisiert ein umfangreiches Bildungsprogramm für Schulklassen aller Jahrgänge. Zwei der vier Ehrenamtlichen kommen aus dem Kieler Süden.

Cornelia Kühn und Manfred Kähler könnten ihren Ruhestand unweit des Vieburger Gehölzes einfach nur entspannt genießen. Aber wie soll das gehen, wenn der Rest des Planeten derart aus den Fugen gerät? Vor 13 Jahren ging beiden bei einer freiwilligen Müllsammelaktion am Falckensteiner Strand ein Licht auf. Nun müssen aus der Einsicht nicht immer Taten folgen – manchmal aber eben doch!

Die Meere und Küsten der Erde sind nach 50 Jahren gedankenlosen und immer intensiveren Plastikeinsatzes mittlerweile so stark durch Müll verdreckt, dass es auf diesem Planeten keinen Ort ohne Plastik mehr gibt – und kein Lebewesen von der Mikrobe bis zum Menschen, dessen Organismus nicht von Mikroplastik kontaminiert wäre – nicht einmal im ewigen Eis und in den abgelegensten Meeresregionen. Die Folgen von Mikroplastik im Körper sind noch wenig erforscht. Was bisher bekannt ist, lässt aber Unangenehmes erwarten.

Leider ist es weltweit verbreitet, Müll einfach in den nächsten Fluss zu kippen. Die stetige Vergrößerung des Plastikanteils macht das zum ernsten Problem. Und es ist durchaus keine Angelegenheit, die nur Entwicklungsländer betrifft. Ein kurzer Spaziergang an jedem beliebigen Strand schafft Klarheit.

Das meiste Plastik wird für extrem kurzlebige Verpackungs-Bedürfnisse eingesetzt. Weltweit wird es in die Meere getragen – mit weitreichenden Folgen für das gesamte Ökosystem des Planeten.

Jedes Kunststoffteil, das so in die Weltmeere gelangt, benötigt rund 400 Jahre, um sich immer weiter zu zerkleinern, dann über viele Jahrzehnte in der Nahrungskette umherzugeistern und hoffentlich irgendwann nach Jahrhunderten am Meeresgrund als winzige Sedimentteile abgelagert zu werden. Dazu sollte uns bewusst sein, dass diese Plastiksachen meistens einfach nur Verpackungen waren, die nur ex­trem kurz benutzt wurden, wie der Ex-und-hopp-Plastikbecher, der vielleicht kürzer als eine Minute lang benötigt wurde.

Das Problem ist geradezu gigantisch und löst sich nicht von selbst. Aber es gibt Hoffnung, etwas bewirken zu können. Wir erinnern uns an ein 15-jähriges Mädchen, das in Stockholm die Schule schwänzte und damit die weltweite Klimaschutzbewegung in Gang gebracht hat.

Weltweite Müllsammeltouren

Cornelia Kühn und Manfred Kähler schlossen sich 2013 dem Verein „One Earth – One Ocean“ an. Seitdem arbeiten sie intensiv und ganz konkret an Konzepten zur Reinhaltung der Meere. Der Verein betreibt Schiffchen, sogenannte „SeeHamster“, die im wahrsten Sinne des Wortes „dicke Backen“ machen können und mit einer Fahrt eine halbe Tonne Müll aus dem Meer einsammeln. Diese Boote sind bereits auf Binnengewässern in Deutschland, Kambodscha, Indonesien, Ägypten und Uganda im Einsatz.

Die „SeeKuh I“ ist das aktuelle Flaggschiff des Vereins „One Earth – One Ocean“ und fängt bevorzugt Geisternetze in der Ostsee ein. Foto: OneOcean

Die „SeeKuh“ ist das nächstgrößere Schiff. Die beiden Kieler Aktiven haben maßgeblich dafür gesorgt, dass 2016 der Prototyp in Lübeck vom Stapel laufen konnte. Die „SeeKuh“ (mit Manfred Kähler als Schiffsführer und Cornelia Kühn als Bootsfrau) ist seetauglich, kann – zerlegt in Schiffscontainern – an jeden Einsatzort der Welt transportiert werden und fischt je Fahrt zwei Tonnen Müll in gemächlichem Tempo aus bis zu zwei Metern Wassertiefe.
An Bord gibt es sogar ein kleines Labor, das feststellen kann, welche Sorte Plastik gerade in der Kollekte enthalten ist. Einen besonderen Schwerpunkt auf den Fahrten durch die Ostsee bildet die Bergung von Geisternetzen – also Fischernetzen, die herrenlos durch die Meere treiben und zur tödlichen Falle für alle größeren Meeresbewohner werden.

Das alles sind aber kleine Fische im Vergleich zu dem, was die beiden Aktiven mit ihrer Umweltorganisation als Nächstes vorhaben: Wie an Land soll es auch auf dem Meer eine komplette Müllentsorgung geben. Dazu dient der „SeeElefant“, eine bereits fertig geplante hochmoderne maritime Müllverwertungsanlage an Bord eines etwa 180 Meter langen Schiffes.

Die Organisation sammelt bereits Geld und wartet darauf, ein geeignetes Schiff übernehmen zu können.

Die beiden Ehrenamtlichen aus dem Kieler Süden haben aber noch mehr vor.
Manfred Kähler stellt fest: „Wir sind jetzt in einem Alter, in dem wir unseren ökologischen Fußabdruck bereits weitgehend hinterlassen haben. Nun ist es an der Zeit, uns der Jugend zuzuwenden. Was wir den Kindern vermitteln können, das tragen sie hoffentlich in ihre Familien, indem sie z. B. ihre Eltern fragen, warum die Gurke oder die Birnen unbedingt in Plastik verpackt sein müssen und ob es nicht auch anders geht.“ So werden die Kinder zu Botschaftern für saubere Meere der Zukunft.

Kieler Zukunftswoche im April

Die Hamburger Bildungswoche „Wetter.Wasser.Waterkant“ hat die Kieler inspiriert, ein ähnliches kostenfreies Konzept auch für die Landeshauptstadt anzubieten. Mittlerweile 100 Unterrichtseinheiten von 26 Anbietern für alle Schulklassen von der ersten Klasse zum Abi­tur wurden auf die Beine gestellt.
In der Kieler Zukunftswoche vom 7.–10. April starten die Unterrichtseinheiten – in der Regel außerhalb der Klassenräume.
Kiel möchte „Umweltstadt“ und „Meeresschutzstadt“ sein. Da ist es selbstverständlich, dass sich Oberbürgermeister Ulf Kämpfer sofort für die gute Sache erwärmen konnte und die Schirmherrschaft übernimmt. Mit Förderung durch Stadt, Kieler Volksbank, Provinzial, Kieler Wirtschaftsförderung KiWi und andere bieten zahlreiche Akteure vom Botanischen Garten über Geomar, die Kieler Forschungswerkstatt und die Verbraucherzentrale bis hin zur Müllverbrennung Kiel eigene Unterrichtseinheiten an.

Ein Krimispiel befasst sich mit der Ermordung des bolivianischen Umweltaktivisten Bernado und zeigt Zusammenhänge von ungehemmtem Konsum und globalem Rohstoffraubbau, einhergehend mit ökologischen und sozialen Verwerfungen.
In einer anderen Veranstaltung geht es um die Bergung von Geisternetzen, in einer weiteren um Mikroplastik in der Kieler Förde. Es gibt auch Workshops über den Lebensraum Ostsee, Künstliche Intelligenz in der Meeresforschung, über Wasserstoff und Batteriespeicher, Einblicke in die Nanowissenschaften, Nachhaltigkeit von Lebensmitteln usw.

Über das Schulamt wurden alle 58 Kieler Schulen über das kostenfreie Angebot informiert, das sofort riesigen Anklang fand. Wegen der enormen Resonanz sind sich Cornelia Kühn und Manfred Kähler sicher, dass sie die Kieler Zukunftswoche auch kommendes Jahr organisieren wollen.
Zu erreichen sind die beiden unter kieler.zw@oneearth-oneocean.de per E-Mail.JM