„Die Kirche soll für alle sein“

Seit einem Monat ist Anna-Lena Koepke Pastorin in der Michaelisgemeine. Zum Kennenlernen empfängt sie die KIEL LOKAL-Redakteure in der Michaeliskirche.

Anna-Lena Koepke ist erst 32 Jahre alt, vergleichsweise jung unter Pastor*innen. Sie kommt ursprünglich aus Preetz. 2008 bis 2016 studierte sie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Theologie, machte dann 2017 ihr Vikariat in Wedel an der Elbe und trat danach ihren ersten Dienst als Pastorin in Mettenhof an. Seit dem 1. März ist sie nun eine von drei Pastor*innen der Hasseer Michaelisgemeinde. Drei sind es, weil die Kirchgemeinde mit über 8.000 Mitglieder*innen relativ groß sei und sie sich zweieinhalb Pfarrstellen teilen, erklärt Koepke.
„Ich wurde vom Kirchenkreis Altholstein auf diese Stelle versetzt“, sagt sie. „Wegen des Pastor*innen-mangels dürfen wir uns die Stellen derzeit nicht aussuchen. Aber ich sollte auf diese Stelle, weil mein Ausbildungsprofil hier wunderbar passt.“ Anna-Lena Koepke soll vor allem die Arbeit mit Kindern in der Gemeinde übernehmen und schließt damit an die kürzlich ausgeschiedene Pastorin Wiebke Ahlfs nahtlos an.
„Zusätzlich mache ich gerade eine Fortbildung im Bereich der psychodynamischen Seelsorge und werde dazu dann auch Gespräche anbieten können“, gibt sie zu wissen. Das sei vor allem gerade in Zeiten der Pandemie sehr wichtig, da die Gesamtsituation sich auch auf das Gemüt der Menschen schlage.
Zukünftig wird sie auch Konfirmandenunterricht geben und zudem mit ihren Kolleg*innen an der weiteren Regionalisierung der Kirchgemeinden arbeiten. Einige Gemeinden sind jeweils zu Regionen zusammengefasst und in diesen sollen gemeinsame Angebote ausgearbeitet werden, um sich bestmöglich über die Gemeindegrenzen hinweg zu unterstützen.
Über Kindergottesdienste, die sie in ihrer Jugend abgehalten hat, ist Koepke erstmals mit der Theologie in Berührung gekommen. „Während meines Abiturs fand ich ein großes Interesse am Hebräischen und an biblischen Texten. Das bewog mich schließlich, ein Studium der Theologie aufzunehmen und mich mit der Forschung auseinanderzusetzen“, erzählt Koepke. Doch irgendwann kam der Punkt, an dem ihr die Arbeit mit den Menschen fehlte und so entschloss sie sich für ein Vikariat, um fortan als Pastorin arbeiten zu können.
Als Pastorin will sie es sich jetzt zur Aufgabe machen, Kirche für alle Menschen zu sein. Gleichberechtigung spielt für sie eine besondere Rolle. Wie sie dazu gekommen ist? „Als ich einmal mit Kindern Bilder ausmalen wollte und ich nach einem Ausmalbild einer Pastorin suchte, wurde ich nirgends fündig. Es gab lediglich männliche Pastoren zum Ausmalen und das machte mich etwas stutzig, wo es doch auch viele Pastorinnen gibt.“
Sie bezeichnet sich selbst als feministische Pastorin. Erstmals kam sie mit dem Bereich der feministischen Befreiungstheologie während ihres Studiums zusammen und empfand das als ein starkes Thema, was sie merklich bis heute für ihre Arbeit anspornt. Dorothee Sölle, eine evangelische Theologin und Schriftstellerin, die weltweit für ihre feministische Haltung in der Religion bekannt ist, ist eines ihrer Vorbilder. Koepke sagt: „Der Feminismus kommt langsam auch in der Kirche an, vor allem digital findet er statt. Ich will ihn auch ins Gemeindeleben einbringen. Es ist natürlich immer ein schwieriges Thema, aber auch wenn man manchmal aneckt, will ich eine Pastorin für alle sein.“ Sie wolle biblische Texte für sich selbst sprechen lassen und auf die Menschen wirken lassen, ihre im Kern soziale Botschaft den Mitgliedern aufzeigen. Das beinhalte eben auch feministische Grundsätze.
Die Umsetzung dessen wird sich im Laufe der Zeit in ihren Gottesdiensten, zurzeit vor allem digital, ergeben. Die Gemeinde hat pandemiebedingt ein breites digitales Angebot geschaffen. So gibt es mittlerweile Gottesdienste zum Nachhören als Podcast oder zum Anschauen auch als Video auf der Website www.michaeliskirche-kiel.de.
Einen Einführungsgottesdienst wird es wohl erst später für Anna-Lena Koepke geben, nämlich erst dann, wenn sie ihre einjährige Probezeit hinter sich hat, dann hoffentlich wieder in Präsenz.

Text: Kneisel