Die Schule ist zu Ende, der Abschluss in der Tasche – doch was nun? Für viele Jugendliche steht diese Frage demnächst im Raum. Eine Antwort findet sich nicht immer sofort. Besonders seit dem Abitur nach acht Jahren brauchen immer mehr junge Menschen noch Bedenk- und Orientierungszeit.

„Ich wollte noch irgendwas Anderes machen zwischen Schule und Studium“, berichtet Philipp Lötzsch. Da kommt die Möglichkeit eines Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) oder eines Bundesfreiwilligendienstes (BFD) sehr gelegen.
Seit letztem Jahr bietet die Stadtmission im Van-der-Camer-Haus in der Hasseer Straße drei BFD-Stellen an. „Wir würden auch FSJ-ler nehmen, doch der Erfahrung nach sind die Bewerber um ein Freiwilliges Soziales Jahr etwas jung“, erklärt Gabriela Schal, Fachkrankenschwester für Psychiatrie. Sie ist seit 30 Jahren im Van-der-Cramer-Haus tätig und seit letztem Juni Koordinatorin der Bundesfreiwilligendienstler der Einrichtung. „Bei uns in der Psychiatrie braucht man schon etwas Standfestigkeit und Lebenserfahrung“, fügt sie hinzu.
Philipp Lötzsch (19) ist einer der drei aktuellen „Bufdis“: „Ich hatte am Ende zwei Stellen zur Auswahl, aber habe mich nach dem Vorstellungsgespräch gleich für diese entschieden. Die Aufgaben waren einfach vielfältiger und ansprechender.“
Doch nicht nur zur Überbrückung nach der Schule macht ein Freiwilligendienst Sinn. Gerald Amtsberg ist 27 Jahre alt, möchte ein neues Studium beginnen und vorher noch Erfahrungen im sozialen Bereich machen. „Unser Ü27er“, erklärt Christoph Denker, der zweite Koordinator der Einrichtung. „Ein BFD kann jeder machen. Es gibt auch Ü50-er. Nach oben gibt es keine Grenze.“
„Am Anfang hatte ich schon etwas Bammel, aber das war im Nachhinein unbegründet“, erzählt Gerald. Genau darum geht es den Mitarbeitern der Stadtmissison. „Psychiatrie ist immer noch für viele ein Tabu“, findet Gabriela Schal. „Doch je mehr Kontakt zwischen den Bewohnern und der Umwelt besteht, desto kleiner wird dieser Tabubereich und die Berührungsängste fallen.“ So war das auch bei den Freiwilligen der Einrichtung. „Man lernt, die Leute hier besser einzuschätzen“, berichtet Philipp.
Die Aufgaben der „Bufdis“ sind vielseitig: Von Telefondienst, über Kaffeeausschank, Transport und Begleitung bei Terminen, bis hin zur Freizeitgestaltung der Bewohner des Hauses.
Auch die Arbeit an eigenen Projekten ist möglich. „Einmal die Woche kochen wir gemeinsam mit den Bewohnern im dritten Stock. Ganz einfache Sachen, damit die Bewohner sie irgendwann selbst machen können.“
Auch Joos Wimmer (18) ist einer der drei „Bufdis“ der Stadtmission. „Er kann heute nicht dabei sein. Er ist beim Seminar“, berichtet Christoph Denker im Gespräch. Eine Sache, die zum Freiwilligendienst fest dazu gehört. 25 Seminartage sind verpflichtend. Davon fünf im politischen Bereich und weitere fünf im speziellen Bereich, in diesem Fall Psychiatrie. Außerdem gibt es Wahlseminare, zum Beispiel ein Segeltörn nach Dänemark oder eine politisch orientierte Reise nach Brüssel, so wie Philipp sie machen durfte. „Die Kosten für die Seminare trägt eigentlich der Dachverband, das Diakonische Werk Schleswig-Holstein. Nur manchmal muss man dazu zahlen. Aber nie mehr als 100 Euro pro Seminar“, erklärt er.
Nicht nur für die Koordination der Seminartage ist das Diakonische Werk zuständig. Der Dachverband schult auch die Koordinatoren in den Einsatzstellen und sorgt für die finanzielle Unterstützung der Freiwilligen. Es gibt monatliches Taschen- und Verpflegungsgeld sowie die Möglichkeit Wohngeld zu beantragen.
Im Van-der-Camer-Haus können die Freiwilligen außerdem an internen Fortbildungen teilnehmen. „Wir versuchen die drei immer in unser Team zu integrieren und ernst zu nehmen. Sie sind freiwillig hier, das ist wirklich anerkennenswert“, so Christoph Denker. Er empfindet die Freiwilligendienstler als große Bereicherung für das Haus. „Das Leben ist hier seit dem ein anderes.“
Auch die Freiwilligen sind sich einig: „Es ist eine Chance, etwas Neues zu lernen, den Bereich Soziales zu entdecken. Es lohnt sich auf jeden Fall und bringt einen selbst weiter.“
Zum 1. September sucht die Stadtmission wieder drei tatkräftige Freiwillige, die Lust auf neue Erfahrungen haben. Bewerbungen sind bis Ende Juni möglich. Interessierte wenden sich telefonisch unter 0431/ 26044460 an Gabriela Schal, Christoph Denker oder an den Einrichtungsleiter Gerhard Tank.

(Text: Meyer)

Foto: © Frahm