Fernwärme, Wärmepumpe oder was sonst?

Potenzielle Eignungsgebiete für Wärmenetzverdichtung und -erweiterung sowie möglicher Wärmenetzneubau nach dem Wärmeplanungsgesetz §14 Karte: kiel.de

Wie wirkt sich die Kommunale Wärmeplanung auf den Kieler Süden aus?

Die Ursachen des Klimawandels liegen seit Jahren klar auf der Hand. Neben dem Verkehrssektor ist eine wesentliche CO2-Quelle das private Heizen auf Basis fossiler Energieträger.

Erdgas, vor Jahren noch als umweltfreundlich gepriesen, ist eben doch nicht klimafreundlich. Es war also nur eine Frage der Zeit, wann uns dieses Thema einholt. Nun ist es so weit. Nach dem holprigen Start des Gebäudeenergiegesetzes, als eine Kommunikationspanne die nächste jagte und auch massive Desinformation den Diskurs fast unmöglich machte, ist nun mehr Sachlichkeit in die Diskussion eingekehrt.
Das Land hat die Gemeinden in die Pflicht genommen. Kiel hat geliefert. Seit Dezember 2024 liegt nach einem entsprechenden Ratsbeschluss die Kommunale Wärmeplanung für Kiel vor. Vereinfacht gesagt wird darin ermittelt, welche Bereiche des Stadtgebiets sich besonders für einen Anschluss an ein erweitertes Fernwärmenetz eignen und wo andere Lösungen favorisiert werden – alles schön übersichtlich in einen Stadtplan eingezeichnet.
Wie es weitergeht, hängt stark davon ab, wie dicht die Bebauung ist, wie weit es zum bestehenden Fernwärmenetz ist und ob es überhaupt genügend Interessenten für einen Anschluss ans Wärmenetz gibt.

Alternativ stehen zukünftig verschiedene dezentrale Lösungen zur Verfügung. Woher kommt die Energie im Fernwärmenetz? Ehrlicherweise hauptsächlich noch nicht aus klimaneutralen Quellen, sondern aus der Verbrennung von Erdgas. Jedoch ist es erklärtes Ziel der Stadtwerke, Erdwärme anzuzapfen und mittels Großwärmepumpe der Förde Wärme zu entziehen. Zudem wird schon heute die Abwärme der Müllverbrennungsanlage genutzt.

Als Energiespeicher für Zeiten der Dunkelflaute soll aus dem zeitweise überreichlich fließenden Wind- und Solarstrom Wasserstoff gewonnen werden. Das ist vom Wirkungsgrad zwar nicht optimal, aber vertretbar im Vergleich zu anderen in Deutschland nur begrenzt verfügbaren langfristigen Speicherkonzepten.

Jürgen Meereis führte in die gesetzlichen Grundlagen ein und erläuterte die Ergebnisse der Kommunalen Wärmeplanung
für Hassee.

Wie die Situation im Kieler Süden ist, beleuchtete der Diplom-Physiker Jürgen Meereis, seines Zeichens Ratsherr für Hassee/Vieburg und ener­giepolitischer Sprecher der Ratsfraktion Bündnis 90 / Die Grünen auf einer Informationsveranstaltung am 12. Februar in der Alten Gärtnerei.

Meereis führte in die gesetzlichen Grundlagen ein und erläuterte die Ergebnisse der Kommunalen Wärmeplanung für Hassee und das weitere Vorgehen in den Bereichen, in denen Fernwärme infrage kommt.
Für Hauseigentümer stehen jetzt folgende Fragen im Mittelpunkt: Liegen wir in einem Wärmenetz-Ausbaugebiet? Wenn ja, haben meine Nachbarn ebensolches Interesse an einem Anschluss oder wurden von einigen bereits Fakten geschaffen in Form einer eigenen Wärmepumpe, was den übrigen Nachbarn dann die Argumentationsgrundlage gegenüber den Stadtwerken verhagelt?

Wenn nein, welche Optionen habe ich, wenn meine Heizung irgendwann ihren Geist aufgibt und ich unter Umständen in eine neue Technologie investieren muss?
Eines steht fest: Selbst wenn ich mitten in einem ausgewiesenen Erweiterungsgebiet wohne – ein Rechtsanspruch auf Anschluss an das Fernwärmenetz besteht nicht. Aber es gibt auch keinen Zwang, eine Heizung auszutauschen. Bis 2045 wird keine funktionierende Heizung aufgrund des Gebäudeenergiegesetzes stillgelegt.
Wenn kein Wärmenetz kommt, müssen Hauseigentümer selbst aktiv werden, sobald eine Heizungsinvestition ansteht, oder sich zeitnah mit Nachbarn zusammentun, um eine Insellösung zu realisieren. Dann kommen wieder Wärmepumpe, Sonnenenergie, Pelletheizung, eine mit Biomethan betriebene Gasheizung und andere Lösungen ins Spiel. Immerhin gibt es jetzt klare Bestrebungen, dass die Kieler Stadtwerke sich an einem Gemeinschaftsunternehmen beteiligen wollen, das zusätzliche Nahwärmekonzepte umsetzen soll, wo Fernwärme nicht hinreicht.

Hauseigentümer fragen sich aber auch: Mache ich mich nicht einseitig von dem einzigen Wärmenetzanbieter abhängig, der mir dann seinen Preis diktieren kann? Nun, es gibt beim Wärmenetz nur einen Anbieter, aber dieser kann die Preise nur im Rahmen der von Beginn an bekannten Preisgleitklausel anpassen und es gibt Ausstiegsmöglichkeiten, allerdings verbunden mit Investition in eine eigene Heizungsanlage.
Außerdem ist zu bedenken, dass die Abhängigkeit von Erdgas auch anbieterunabhängig mit hohen Preisschwankungen verbunden ist, wie die jüngste Vergangenheit gezeigt hat. Mit fortschreitendem Abschiednehmen vom Erdgas sind Preiserhöhungen zu erwarten, da immer weniger Kunden die Netzentgelte stemmen müssen. Gleichzeitig ist und bleibt Biogas ein rares Gut.
Fernwärmepreise sind gesetzlich u. a. an die Gestehungskosten gekoppelt und werden von Kartellbehörden überwacht. Die künftig eingesetzte regenerative Energie hat den besonderen Charme, gleichbleibend güns­tig zu sein und kaum zum Spielball der weltpolitischen Katastrophen werden zu können.

Kieler Süden muss warten

Bis es überhaupt zu Entscheidungen kommt, wann und wo Fernwärme ausgebaut wird, vergehen aber noch Jahre. In Hassee werden die Eigentümer zwischen 2027 und 2033 zur Interessenbekundung aufgefordert. Bis die Rohre vergraben und die Haushalte angeschlossen sind, vergehen voraussichtlich weitere ein bis drei Jahre. Es zieht sich also. Sicherlich wird nicht jeder Eigentümer so lange warten wollen, sondern sich zeitnah z. B. eine Wärmepumpe zulegen, denn es locken Fördergelder wie der „Early Bird“-Zuschuss von 20 % für diejenigen, die bis 2028 ihre alte Heizung austauschen. Einkommensabhängig werden bis zu 70 % der Kos­ten vom Staat bezahlt.

Kostenlose Beratungen

Die Situation ist einigermaßen komplex und von Nicht-Profis schwer durchschaubar. Das ist der Stadt auch klar. Niemand soll mit seinen Fragen und Sorgen im Regen stehen gelassen werden. Daher gibt es für den Themenbereich kompetente individuelle und vor allem kostenlose Beratungen. Infos erhalten Sie unter waermeplanung@kiel.de. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz informiert umfassend unter www.energiewechsel.de und die Verbraucherzentrale im Rahmen kostengünstiger Begutachtungen des eigenen Hauses.
Im März stellt das Umweltschutzamt die Kommunale Wärmeplanung direkt in den Ortsbeiräten vor. Termine sind am 4. März in Wellsee und am
18. März in Hassee/Vieburg. JM