Helfende Hand und offenes Ohr im Haus

Wohnraum in und um Kiel ist knapp – insbesondere, wenn er für Studenten bezahlbar sein soll. Zugleich wohnen immer mehr Menschen allein und können alltägliche Hilfe gebrauchen. Das Projekt „Wohnen für Hilfe“ bringt beide Seiten zusammen und vermittelt bezahlbare Unterkünfte gegen praktische Hilfeleistungen.

Als sie vor Jahren über das Vermittlungsangebot des Studentenwerks SH in der Zeitung las, dachte Barbara Asmus nach nur kurzem Nachdenken, „ich rufe da mal an“. Die mittlerweile fast 80-Jährige wohnte auch damals schon allein in ihrem großen, ländlich gelegenen Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung und dem rund 600 m² großen Garten.

„Wohnen für Hilfe“ ist der Name für eine Vereinbarung, die zwei Seiten hilft. Studenten erhalten bezahlbaren Wohnraum, Familien und Senioren praktische Hilfe im Alltag. Dabei gilt die Faustformel: ein Quadratmeter Wohnraum für eine Stunde Hilfe im Monat. Dazu kommen lediglich anteilige Nebenkosten für Heizung, Strom und Wasser.

Seit der Gründung durch Studenten der Fachhochschule Darmstadt im Jahr 1992 hat das Projekt deutschlandweit mehrere Tausend Wohnpartnerschaften hervorgebracht. Mehrere Auszeichnungen hat die Idee schon erhalten, zuletzt wurde sie 2014 unter die letzten 15 Nominierungen zum „Deutschen Engagementpreis“ gewählt.

Auch wenn man Barbara Asmus das Alter immer noch nicht recht ansieht, wollte sie vom ersten Telefonat mit dem Studentenwerk an ganz konkrete Hilfe in Haus und Garten. Einen der ersten Kandidaten, der sich beim Kennenlern-Kaffeetrinken mit Freude an das Klavier setzte, fragte sie schnell nach seinen Erfahrungen mit der Bohrmaschine.

Mittlerweile beherbergt sie den zweiten helfenden Gast, nach einem jungen Mann aus Nepal ist es nun ein FH-Student aus Vorderasien. Natürlich sei nicht immer alles leicht gewesen. „Vertrauen muss man da schon im Voraus leisten“, weiß die Seniorin. Aber mit Offenheit und Akzeptanz gewinnen beide Seiten. „Die Gartenarbeit würde ich nicht mehr allein schaffen“, ist sich Barbara Asmus sicher, „und wenn ich verreise, ist jemand da, der auf das Haus aufpasst – und mir ein wenig zuhört, wenn ich wieder da bin.“

Nicht nur über „Wohnen für Hilfe“ lernt sie andere Menschen und Kulturen kennen, aktiv ist sie mit der Flintbeker Nähwerkstatt auch in der Arbeit mit Flüchtlingen. Bei der einen oder anderen Anekdote über ihre zahlreichen Erlebnisse scheint sie manchmal selbst ein wenig zu staunen. „Schließlich war ich dann am Heiligen Abend mit zwei jungen Männern in der Kirche“, erzählt Barbara Asmus, „und anschließend mit ihnen bei meiner Tochter und ihren drei Kindern – welch ein Fest!“

Ihre Situation sei dabei durchaus kein Einzelfall. In ihrem Umfeld beobachte sie immer häufiger, wie ältere Menschen alleinbleiben und ihnen die Pflege von Haus und Garten mit den Jahren zunehmend schwerfalle. „Dabei haben die meisten viel Platz übrig – warum dann nicht jemanden einziehen lassen, der hilft?“

Sollten auch Sie erwägen, Wohnraum für Hilfe zu überlassen, so wenden Sie sich an Frau Alexandra Dreibach vom Studentenwerk Schleswig-Holstein, sie ist erreichbar unter der E-Mail-Adresse wohnenfuerhilfe@studentenwerk.sh sowie Telefon 0431/ 8816-314. Weitere Informationen finden Sie auf der Seite www.studentenwerk.sh unter der Rubrik „Wohnen“.

(Text & Foto: ©Sellhoff)