
Vor 80 Jahren stand das Großbauprojekt des Luftverteidigungskommandos vor der Fertigstellung
Der Heischberg (auch als Heisch bezeichnet) liegt im nordwestlichen Teil Kronshagens. Über ihn führte der alte Kirchsteig von Ottendorf und mündete in der Batteriestraße.
Eigentümer der Landflächen um den Heischberg war der damalige ev.-luth. Kirchengemeindeverband. Mit seiner natürlichen Höhe von 29 Metern bildete der Heischberg eine ideale Anhöhe einer vorgelagerten Freifläche für Kiel während des Zweiten Weltkrieges. Von hier plante die Kriegsmarine, die Luftverteidigung für Teile von Schleswig-Holstein zu lenken, nachdem abzusehen war, dass die Luftangriffe auf die Kriegsmarinestadt Kiel immer mehr zunahmen und die Zerstörung von militärischen und zivilen Gebäuden nicht mehr aufzuhalten war.
1943 plante die Marine das Bauwerk
Anfang 1943 begann die Marine mit den Planungen, um das Luftverteidigungskommando (LVK) von Dreilinden in Kiel-Pries nach Kronshagen auf den Heischberg zu verlegen. Nach Auslegung der Marine entsprach die mehrfach erweiterte Bunkeranlage in Dreilinden nicht mehr den technischen Bedürfnissen einer effektiven Luftverteidigung.
Auf dem Heischberg sollte ein neuer kombinierter Gefechtsstand für den Stab der 1. Marine-Flak-Brigade und den Küstenbefehlshaber westliche Ostsee entstehen. Mit dem Entwurf wurde Karl Rickers nach eigenen Angaben im März 1943 betraut.
Er hatte seit Januar 1937 eine Anstellung als kartographischer Zeichner beim Reichsamt für Landesaufnahme in Berlin. 1939 wechselte er in die Hamburger Nebenstelle des Reichsamtes. Zur Berichtigung von Messtischblättern war er 1940/41 erst in Mecklenburg, dann in Schleswig-Holstein im Außendienst tätig.
Am 8. August 1941 wurde Rickers zum Militärdienst eingezogen. Bis zur Kapitulation am 8. Mai 1945 war er überwiegend im Flakgruppenkommando (Flagruko) bei Kiel-Pries stationiert.
Während eines Lazarett-Aufenthaltes in Kiel-Wik 1943 brachte er seine Ideen eines Bunkerbauwerkes zu Papier. Er schildert in seinen Erinnerungen dies wie folgt: „… und zeichnete die Grundrisse für den Kommandostand des Kieler Festungskommandanten auf dem Heischberg in Kronshagen“¹. Offenbar war Rickers in der Lage, einen derart komplexen Bau zu Papier zu bringen.
Erwerb von Flächen auf dem Heischberg
Grundsätzlich hatte die Marinestandortverwaltung bei Bauten, die den Kriegszwecken dienen sollten, darauf zu achten, dass Geheimhaltung zu berücksichtigen war. Das Interesse und die Blicke der Öffentlichkeit mussten unbedingt unterbunden werden. Das Gelände auf dem Heischberg bot durch seine abgeschiedene Lage Schutz vor unerwünschten Besuchern.

Für das Bauvorhaben auf dem Heischberg mussten vom Marinefiskus weite Flächen erworben bzw. gepachtet werden. Das Marineoberkommando (MOK) Ostsee bezifferte die benötigte Fläche mit 9,75 Hektar. Für die Dauer des Krieges war durch den Fiskus eine Pachtung der Ackerflächen vorgesehen, die im Besitz des ev.-luth. Kirchengemeindeverbandes in Kiel waren. Ein Wirtschaftsweg, der „Alte Kirchsteig“, der quer über den Heischberg verlief, befand sich im Gemeindeeigentum. Er war die Verbindung vom Thiessen-Hof zum Ort. Der Nachteil, dass über das Gelände ein öffentlicher Weg führte, wurde mit der Gemeinde Kronshagen problemlos gelöst.
Am 28. Juni 1943 legte die Marinestandortverwaltung Kiel der Gemeinde einen Kaufvertrag über den Erwerb von ca. 70 Metern des alten Kirchsteiges vor. Dieser Abschnitt lag direkt am geplanten Bunker. In der Sitzung der Kronshagener Gemeinderäte vom 16. Juli 1943 berichtete Bürgermeister Paul Drews über die Errichtung des „Luft-Verteidigungskommando-Baues“ auf dem Heisch: „Im Zuge dieser Maßnahme wird die Aufhebung des über den Heisch nach Heidenberg führenden Fußwegs nötig. Da dieser ohnehin kaum noch irgendeine praktische Bedeutung besitzt, für die Öffentlichkeit überhaupt nicht mehr infrage kommt, stimmen die Gemeinderäte der Aufhebung dieses Fußweges, Parzelle 557/87 und 558/87 Kartenblatt 4 zu. Die Marinestandortverwaltung Kiel hat bei dem Bürgermeister den käuflichen Erwerb der Parzelle 557/87 des Kartenblatts 4, Grundbuchblatt 35 Blatt 979, eines Teils des Fußweges nach Heidenberg in Größe von etwa 200 qm zum Preise von 1,- M pro qm beantragt und gleichzeitig die Pachtung einer weiteren Teilfläche dieser Wegeparzelle in Größe von etwa 180 qm. Die Gemeinderäte sind hiermit einverstanden.“ ²
Mit Schreiben vom 24. September 1943 teilte die Marine-Standortverwaltung Kiel dem Bürgermeister mit: „Eine inzwischen eingetretene Veränderung des Projektes macht eine Änderung des mit obigen Vorgangsschreiben übersandten Vertragsentwurfes insofern erforderlich, als die im § 7 des Entwurfes bezeichneten, zu pachtenden Teilflächen der Wegeparzelle 557/87 sich auf etwa 420 qm vergrößert haben.“ ³
Am 15. Oktober 1943 informierte Bürgermeister Drews in der Gemeindevertretung über die Vertragsverhandlung in der Grundstückssache. „Bekanntgabe des Vertrages zwischen der Gemeinde Kronshagen und dem Reichsfiskus (Kriegsmarine) betr. Verkauf und Verpachtung eines Teils des früheren Fußweges nach Heidenberg an den Reichsfiskus.“ 4
Letztendlich wurde der Vertrag über die weitere Wegepachtung von ca. 150 Metern mit dem Reichsfiskus erst zum 20. März 1944, Laufzeit ab dem 1. Juli 1943, geschlossen.
5 Durch die Aufhebung dieses Weges war im Wesentlichen die Verbindung zum „Thiessen-Hof“ betroffen, der am Ottendorfer Ortsrand lag.
Ende 1943 begannen die Bauarbeiten für den Bunker
Ende 1943 begannen die ersten Vorarbeiten zum Bau eines Bunkers. Massive Erdbewegungen waren notwendig, um einen kombinierten Erd- bzw. Hochbunker auf dem 29 Meter hohen Heischberg zu errichten.
Die Kieler Eisenbetonbaufirma F.W. & H. Förster 6 wurde mit der Bauausführung beauftragt. Neben dem neuen zweigeschossigen Bunker für das Luftverteidigungskommando (LVK) sollten auch eine Vielzahl neuer Baracken auf dem Heischberg-Gelände entstehen. In den ca. 20 Baracken waren unter anderem die Versorgungsbaracken und die Unterkünfte für die Marineangehörigen und die Flugmeldehelferinnen geplant.

Die Kriegstagebücher des Küstenbefehlshabers geben zum Bau des Bunkers konkrete Angaben. Ende März 1944 war die Fundamentplatte des Bunkers zu zwei Drittel betoniert. Im April 1944 wurde die Fundamentplatte fertig betoniert. Die Schalung und das Eisengeflecht des Untergeschosses befanden sich noch in Ausführung. Im Mai 1944 wurden die Arbeiten fortgesetzt, die Ummantelung des Gefechtsstandes Nordwest wurde begonnen. Mitte Juni 1944 wurden das Untergeschoss und Teile der Zwischendecke zum Obergeschoss des Bunkers betoniert.
Am 24. Juli 1944 wurde der Gefechtsstand des Untergruppenkommandos (Ugruko) Mitte der MFlakAbt. 271 in der Kieler Kaserne der Annenstraße durch Bombentreffer schwer beschädigt. Drei Soldaten wurden bei dem Angriff in der Kaserne getötet und ein Marinehelfer verwundet. Dadurch, dass das Gebäude so schwer getroffen wurde, war eine weitere Nutzung des Gefechtsstandes nicht mehr möglich. Somit wurde die Verlegung des Gefechtsstandes in das Untergeschoss des LVK-Standes Kronshagen eingeleitet.
Ab ungefähr Mitte August 1944 wurde das
„Ugruko Mitte“ in das Barackenlager Kronshagen (Heischberg) verlegt. Der Einbau des Gefechtsstandes war im Untergeschoss des Bunkers zu 60 % durchgeführt. Im August 1944 wurde der Bau des Obergeschosses fortgesetzt. Ende August 1944 war der Einbau des Gefechtsstandes des LVK Kronshagen abgeschlossen.
Im September 1944 wurden die Bauarbeiten am LVK-Bunker stillgelegt, da auf Anordnung etwa 90 % der bisher beschäftigten Bauarbeiter durch die Organisation Todt (OT) zu Aufräumarbeiten am Kriegsmarinearsenal (KMA) eingesetzt wurden. Eine Entscheidung zur Weiterführung der Bauarbeiten stand zu diesem Zeitpunkt noch aus.
Am 2. Oktober 1944 wurde mit der Erdkabelverlegung zum neuen LVK-Gefechtsstand begonnen. Zur Beschleunigung der Arbeiten wurde eine größere Anzahl von Kriegsgefangenen bereitgestellt. Allerdings verzögerten sich die Arbeiten der Beseitigung von Kabelschäden und laufenden Leitungsstörungen durch Brennstoffmangel.
Für die Fortsetzung der Bauarbeiten am LVK Kronshagen wurde eine neue Baukenn-Nummer erteilt und zum 30. Oktober 1944 Arbeitskräfte zum Weiterbau durch die Organisation Todt bereitgestellt. Zusätzlich wurden von der MFlakAbt. 271 aushilfsweise 40 Soldaten zur Weiterführung der Bauarbeiten zur Verfügung gestellt. Jetzt waren ausreichend Arbeitskräfte vorhanden. Mit den vorhandenen Bauarbeitern nahm im November 1944 die OT-Oberbauleitung Kiel die Arbeiten wieder auf. Der Arbeitsfortschritt wurde jedoch durch Zementmangel beeinträchtigt. Die Schalung und Rundstahlarmierung des Obergeschosses konnten dennoch abgeschlossen werden, die Betonierung war zur Hälfte ausgeführt.
Im Februar 1945 wurden die Betonschalungen am LVK-Stand verstärkt. Die Betonierung von drei Geschützsockeln für die 12,8 cm [?] Flakzwilling Kronshagen wurde ausgeführt.7 Die Bauausführungsbeschreibungen im Kriegstagebuch zeigen, dass der Bunker in der Bauphase bereits teilweise militärisch genutzt werden konnte. Noch während der Bauzeit wurde es den Anwohnern gestattet, bei Luftangriffen auf Kiel in dem im Bau befindlichen Bunker Schutz zu suchen. Teilweise mussten die Schutzsuchenden die Baugrube über Bretter passieren, wenn sie in den Bunker gelangen wollten.
Energieversorgung der Militärbauten
Zur Inbetriebnahme des LVK musste die Leistung des bestehenden Stromnetzes der Gemeinde Kronshagen erweitert werden. Daraufhin wurde im Ort die Leistung der Transformatorstation bei der Schule in der Kopperpahler Allee auf 200 kVA (Kilovoltampere) aufgerüstet. Entsprechend wurde eine neue Erdkabelleitung in der Verlängerung der Kieler Straße zum Heischberg durch die Batteriestraße verlegt. Am Ende der Batteriestraße errichteten die Versorgungsbetriebe der Gemeinde Kronshagen eine Umspannstation mit 100 kVA, die ausreichend Energie für den Betrieb des Luftverteidigungskommandos liefern sollte. Das Kupferkabel verlief bis zur Station über das Grundstück Freesenhof 1. Oberhalb des Grundstückes war die Übergabestelle für den neu zu errichtenden Bunker.

Sprengung und Nutzung seit der Nachkriegszeit ab 1945
Der Bunker wurde nach dem Krieg von innen gesprengt, was zu Rissen in den Betonwänden und -decken führte. Jahre später ist der Bunker mit dem ehemaligen Erdaushub überdeckt worden. Dem örtlichen Gartenbaubetrieb Paul Ohle in der Kieler Straße war es gestattet, seine Gartenabfälle in den inzwischen mit Regenwasser gefluteten Bunker zu schütten. Die Dorfjugend nutzte das Bunkergelände als Spielplatz, dabei kam es auch zu Vorfällen mit Munitionsresten.
Ab August 1945 wurde ein Teilbereich des Heischberges wieder militärisch genutzt. In einigen Baracken war die Funkstelle Kronshagen des Deutschen Minenräumdienstkommandos Schleswig-Holstein eingezogen. Offiziell nannte sich die Funkstelle „zwischenstaatliche Frequenz für Küstenfunkstellen 500 Khz“. In den Ziegelbaracken zogen die ersten Flüchtlinge aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten ein.
1949 entdeckte der Nordwestdeutsche Rundfunk (NWDR) den höchsten Punkt auf dem Heischberg als idealen Standort für seine Sendeanlagen. In der Gemeindeversammlung vom 1. März 1949 wurde über Verhandlungen mit dem NWDR über einen Stromlieferungsvertrag berichtet.

Text und Fotos: Hauke Hansen
QUELLEN
¹Karl Rickers. Erinnerungen eines Kieler Journalisten 1920–1970, Karl Wachholtz Verlag,
Neumünster 1992, Seite 150
²Sitzungsprotokoll der Gemeinderäte der Gemeinde Kronshagen vom 16.7.1943
³Gemeindearchiv Kronshagen, Akte Abt. 3, Nr. 520
4 Sitzungsprotokoll der Gemeinderäte der Gemeinde Kronshagen vom 15.10.1943
5 Gemeindearchiv Kronshagen, Akte Abt. 3, Nr. 520
6 https://bunker-kiel.com/luftschutzentrale-heischberg
7 Kriegstagebücher Küstenbefehlshaber westliche Ostsee mit Anlagen, 16. Okt. 1943 – Mai 1945; Signatur RM 45-I/175 bis 178; Militärarchiv des Bundesarchives, Freiburg