Mit Messer, Meißel und Motorsäge

Dr. Manfred Spyra begann als Rentner über die Volkshochschule mit der Bildhauerei

Bereits als Schüler hatte Manfred Spyra Gipsfiguren erstellt, doch das geriet alsbald in Vergessenheit. Nach seiner Zeit als Lungenarzt in Kiel fing er 2010 mit der Bildhauerei an.

„Endlich wieder etwas mit den Händen machen. Irgendwie steckte das schon immer in mir“, schmunzelt er. Spyra begann einen Kursus an der Volkshochschule. Kursleiter Dieter Stolte besorgte den etwa zwölf Teilnehmenden die Materialien.
„Am Anfang handelte es sich um Lindenholz“, erinnert sich Spyra. „Die Bildhauerei wird einem nicht wirklich beigebracht, man muss einfach anfangen und ein Gespür dafür entwickeln. Manchmal weiß man nicht weiter, dann wird mir in dem Kursus hilfreich zur Seite gestanden. Und in der Mitte der Stunde machen wir meist eine gesellige Pause mit einem Gläschen Wein. Wir haben dort eine schöne Gemeinschaft in netter Runde.“
Zuzana Hlináková – ebenfalls eine Bildhauerin – führte ihn in einem weiteren VHS-Kursus an das Arbeiten mit Stein heran. Bis heute besucht Spyra die Kurse und probiert sich an unterschiedlichsten Techniken und Materialien.
„Man lernt schnell, Kontraste zu bilden. Zunächst arbeitet man an der Grundform, bevor man deutlich später erst ins Detail gehen kann.“ Als Werkzeug verwendet werden Schnitzeisen und Meißel unterschiedlicher Art. „Die Oberflächen können geglättet werden, aber auch naturbelassen bleiben.“ Etwa zehn Figuren hat der Künstler bis heute kreiert. Während man durch sein Haus geht, staunt man nicht schlecht, denn an jeder zweiten Ecke zieren – gut in Szene gesetzt – eindrucksvolle Figuren verschiedener Techniken und Größen die Räume sowie den Garten. Marmor, Sandstein, Holz und Granit hat er bisher als Materialien verwendet. Sie alle unterscheiden sich stark in der Härte und der Art der Bearbeitung.
„Ich lasse mich häufig von der Grundform des Materials inspirieren“, erzählt der Kronshagener. „Mein erstes Kunstwerk war ein Pferdehuf. Ich fand einen Ast, der mich gedanklich sehr an die Form eines Pferdehufes erinnerte. Also habe ich genau das daraus kreiert.“ Ein Volkshochschul-Semester, also etwa zwölf Sitzungen, benötigt der Künstler im Schnitt für eine Figur.
„Für den Adler brauchte ich deutlich länger“, berichtet er und schaut stolz auf eins seiner Lieblingswerke, welches aus einem ehemaligen Grabstein aus Marmor angefertigt wurde. „Meist überlege ich lange, wo ich es hinstelle, wenn ich fertig bin. Es muss ja auch gut zur Geltung kommen.“
„Mein Cousin hat die gleiche Leidenschaft. Mit ihm tausche ich mich auch gelegentlich aus. Sogar die Inspiration für eine gesamte Figur stammt von ihm. Das liegt, glaube ich, ein bisschen in der Familie“, vermutet Spyra, dessen Familienangehörige der Malerei nachgehen und als Musiker, Bildhauer sowie Fotograf tätig sind. „Man weiß, wo man herkommt“, sagt er und lächelt. Doch auch neben seiner Kunst ist der Kronshagener Rentner höchst aktiv. „Ich kann ja nicht den ganzen Tag nur auf dem Sofa sitzen“, betont der 80-Jährige lachend, der sich bereits als Schiedsmann sowie im Seniorenbeirat in der Gemeinde engagierte oder berufsgenossenschaftliche Gutachten schrieb.
Auch nach Ende seiner Berufszeit begleitete er als Arzt weiter Reisegruppen mit älteren oder behinderten Mitreisenden an alle Ecken der Welt. „Über das Programm Senior Experten Service war ich zum Beispiel mit Ärzten aus verschiedenen Fachrichtungen in China und Nepal. Wir sind in die Regionen gegangen, haben mit den Menschen zusammengelebt und geholfen“, so Spyra. „Was kann man als Rentner? – Ich würde sagen: Viel!“
Generell bleibt der Kronshagener stets neugierig. So hört er sich philosophische Vorlesungen an der Uni an und belegt weiterhin den Stein- sowie Holzkursus der Bildhauerei an der Volkshochschule.
„Nur so bleibt man klar im Kopf“, betont er. Seine mit Abstand größte Figur ist die Osterinsel-Figur, die er mit der Kettensäge erschaffen hat und die nun eindrucksvoll in seinem Garten thront. Daran soll auch sein nächstes Projekt angelehnt sein: „Eine ägyptische Statue mit dem Kopf eines Schakals“, verrät Spyra vorfreudig.

Text und Fotos: Valeska Bluhm

Überall im Haus von Manfred Spyra stehen selbst gemachte Kunstwerke. Entstanden sind diese während mehrerer Bildhauer-Kurse bei der Volkshochschule.