
Demokratieprojekt in Hassee veranstaltet Stadtteilrundgänge und Vortrag im März
Die mangelnde Distanzierung der etablierten Parteien von der teilweise verfassungswidrigen Agenda Rechtsextremer, die gemeinsame Abstimmung mit der AfD im Bundestag, das alles wurde mit einiger Fassungslosigkeit nicht nur zur Kenntnis genommen, sondern brachte in den vergangenen Wochen Hunderttausende Demonstranten auf die Straßen.
Andere Länder machen es vor. Rechtsextreme gelangen durch Wahlen an die Macht und beginnen umgehend, den demokratischen Rechtsstaat zu demontieren. Uns erschüttert, was wir täglich an Hiobsbotschaften aus den USA an den Frühstückstisch geliefert bekommen. Fast schon normal, was in Ungarn, der Slowakei und Italien abläuft. An Österreich ist der Kelch haarscharf vorübergegangen – vorerst. Aber auch wir sind nur noch einen kleinen Schritt davon entfernt.
Nach der Bundestagswahl sind wir aus der Phase des faden Beigeschmacks des schwer erträglichen Wahlkampfgetöses in die Zeit des akuten „Nie wieder ist jetzt“ gewechselt. Nun gilt es zu verhindern, dass die Zusammenarbeit einer demokratischen Partei mit der extremen Rechten durch eine Koalition geadelt wird.
Der Einsatz für die Demokratie geht weiter
Es ist augenscheinlich Aufgabe der Zivilgesellschaft, dem rechten Rand den Nährboden zu entziehen, da es der Politik bislang nicht gelungen ist, der Spaltung der Gesellschaft etwas entgegenzusetzen.
Dazu ist es auch wichtig, nachvollziehen zu können, warum sich ein Teil der Gesellschaft vom demokratischen Konsens abwendet. Wie ist es möglich, dass künstlich gepushte Themen die politische Diskussion beherrschen, obwohl die echten Zukunftsprobleme extrem dringender Lösung bedürfen? Warum springen Medien und Politiker aller Parteien immer wieder über dieses Stöckchen? Wie kann es passieren, dass Menschen mit dem Gefühl zurückgelassen werden, dass die Politik es nicht richtet? Und was wäre zu tun, um das zu ändern?
Das Problem ist vielschichtig und möglicherweise von der demokratischen Mitte noch immer nicht vollständig erkannt. Bildung und Aufklärung sind das Gebot der Stunde. Eins ist sicher: Es gibt keine einfachen Lösungen für die Probleme. Aber es wird große Probleme geben, wenn einfache Lösungen zum Zuge kommen.
Bedeutende Orte der Mahnung und Erinnerung im Stadtteil
Stadtteil bietet einige Ansatzpunkte für mahnendes Erinnern: Wo wir heute neben dem Vorderen Russee entspannt einkaufen, spazieren gehen und Sport treiben, wurden in der Nazizeit Tausende Menschen systematisch gequält und Hunderte von der SS ermordet.
Mehrere Bunker halten (hoffentlich) die Erinnerung daran wach, was der Zivilbevölkerung blühte, nachdem der faschistische Staat die Nachbarn überfallen hatte. All das nahm seinen fatalen Lauf, weil eine rechtsextreme Partei demokratisch an die Macht gehievt worden war. Aber auch Hoffnungsvolles hatte hier seinen Anfang: Der Matrosenaufstand begann 1918 am Vieburger Gehölz und hat maßgeblich zum Ende des Kaiserreichs und zum kurzen Sieg der Demokratie beigetragen – freilich bereits 15 Jahre später von zerstrittenen, machtgierigen demokratischen Parteien, die sich zu keinem gemeinsamen Vorgehen gegen die Rechtsextremen durchringen konnten, wieder zu Grabe getragen.
Die nächsten Veranstaltungen für den Erhalt der Demokratie
Das Hasseer Demokratieprojekt der Michaelisgemeinde macht weiter. Unter Koordination von Pastor i. R. Tilman Lautzas gibt es auch ab März wieder interessante Veranstaltungen. Besondere Aufmerksamkeit genießen die Stadtteilrundgänge „Wege gegen das Vergessen“. Der nächste findet am Samstag, dem 22. März, um 14 Uhr statt. Treffpunkt ist die Waldwiesen-Residenz, Hamburger Chaussee, Ecke Von-der-Goltz-Allee.
An historischen Orten wird unter kundiger Leitung über die Zeit zwischen 1918 und 1949 informiert. Aus Kapazitätsgründen ist eine Anmeldung im Büro der Michaelis-Kirchengemeinde unter Telefon 682785 erforderlich.
Wer diesen Termin nicht wahrnehmen kann, hat am 31. März die Gelegenheit, dem 2,5 km langen Spaziergang virtuell anhand von historischen Fotos zu folgen. Beginn ist um 19 Uhr im Gemeindesaal, Wulfsbrook 29. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
„Demokratie in Gefahr!“ lautet der Titel des Vortrags von Martin Rzeszut am 11. März um 19 Uhr im Gemeindesaal der Michaelis-Kirchengemeinde. JM