Die verbannten Nobelpreisträger

1993 Dr. Klaus Wichmann und Professor Werner Petersen
1993: Dr. Klaus Wichmann und Professor Werner Petersen vor der frisch aufgestellten Bronzetafel zu Ehren von Heinrich Hertz. Fotos: Sammlung Klaus Wichmann

Unter dem Kieler Fernmeldeturm hängt seit 30 Jahren eine Bronzetafel, die den Physiker Heinrich Hertz ehrt.

Heinrich-Hertz-Gedenktafel
Blick von unten auf die Heinrich-Hertz-Gedenktafel mit dem Kieler Fernmeldeturm im Hintergrund. Fotos: Sammlung Klaus Wichmann

Ein passender Platz, sollte man meinen, denn durch seine Entdeckung der elektromagnetischen Wellen und die Begründung der drahtlosen Nachrichtentechnik machte Heinrich Hertz die Richtfunk-Übertragung erst möglich und Fernmeldetürme somit nötig. Doch ursprünglich sollte diese Gedenktafel an einer anderen Stelle hängen.
Seit 1981 hatte sich der Physik-Professor Werner Petersen dafür eingesetzt, dass die berühmten Physiker, die an der Kieler Universität gelehrt haben, am Audimax verewigt werden. Und so hat er vier Bronzetafeln von vier Nobelpreisträgern erstellen lassen. Neben Heinrich Hertz, der von 1883 bis 1885 in Kiel gelehrt hat, auch von Hans Wilhelm Geiger, Max Planck und Philipp Lennard.
Am 6. November 1990 wurden die vier teuren Tafeln feierlich enthüllt, doch schon drei Tage später wieder abgenommen. Was war geschehen? Der Historiker Prof. Michael Salewski machte auf die unrühmliche Rolle von Philipp Lennard in der NS-Zeit als fanatischer Antisemit aufmerksam. Daraufhin verschwan­den alle vier Tafeln im Keller der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
Heinrich Hertz wurde – wie eingangs erwähnt – drei Jahre später unterm Fernmeldeturm aufgestellt. Dr. Klaus Wichmann, Vorsitzender der Werner-Petersen-Stiftung, hegt heute den Wunsch, dass keiner der Physiker in Vergessenheit gerät. Max Planck und Wilhelm Geiger,
Namensgeber für den Geigerzähler, hängen inzwischen im Physikzentrum der CAU.
Die Gedenktafel des vierten Nobelpreisträgers liegt wahrscheinlich immer noch im Keller der Universität. Um auf seine Verfehlungen hinzuweisen, wäre eine ergänzende Dokumentation angebracht. Somit könnte das Ehrenmal zugleich Mahnmal werden. CF