Ein Schicksal von vielen

Im April 1945 trieb die SS annähernd 800 Häftlinge zu Fuß von Hamburg nach Kiel, in das sogenannte Arbeitserziehungslager Nordmark. Mehr als 75 Jahre danach erinnern Jugendliche aus evangelischen Kirchengemeinden an diesen Todesmarsch.

Am 24. April 2022 luden sie zu einer Lesung an den Gedenkort „Arbeitserziehungslager Nordmark“ unweit der Rendsburger Landstraße ein.
„Wir haben uns die Biografie von Hilde Sherman ausgesucht“, erklärte Marleen Deter. Die 15-Jährige hat mit anderen Jugendlichen aus der Kieler Michaelisgemeinde und zwei weiteren Kirchengemeinden die Veranstaltung zum Gedenken an den Todesmarsch vorbereitet.
Sherman stammte aus der Nähe von Mönchengladbach, wurde als Jüdin von den Nazis zunächst in das Getto nach Riga (Lettland) deportiert und später nach Hamburg ins Polizeigefängnis Fuhlsbüttel gebracht. Als junge Frau von 22 Jahren schickte man sie auf den Todesmarsch nach Kiel. Als einziges Mitglied ihrer Familie überlebte sie den Holocaust.
Hilde Shermans Lebensgeschichte ist im Buch „Mein Schicksal ist nur eines von abertausenden“ niedergeschrieben, aus dem die Jugendlichen bei der Gedenkveranstaltung vorlasen.
Vor Ort anwesend war auch die Verfasserin Dietlind Kautzky sowie eine Enkelin eines Mannes, der den Todesmarsch mitgegangen ist. Danach konnte man vier Stationen besuchen, die rund um den Gedenkort aufgebaut waren. An einer dieser Stationen informierte die 16-jährige Antonia Hoppe über die Zustände, die seinerzeit im Lager Nordmark herrschten.
An einer anderen Station konnten die Besucherinnen und Besucher mehr über die Biografien und den Todesmarsch herausfinden. Außerdem lagen Zettel aus, auf denen man seine Fürbitte schreiben konnte.
Die Fürbitten wurden zum Schluss vor Gott gebracht, ehe die Veranstaltung mit einer Schweigeminute endete. Die Gedenkveranstaltung war in erster Linie für junge Menschen gedacht. Sie ist in Kooperation und auf Initiative der Biografiegruppe „Todesmarsch Hamburg–Kiel 1945“ entstanden.

Foto: Frederike Held