Eingetaucht ins vorherige Jahrhundert

Wie außergewöhnlich muss das Setting eines historischen Romans sein? Braucht es andere Länder oder die weltbekannten, geschichtsträchtigen Städte? Könnte eine berührende, spannende Geschichte nicht auch, sagen wir, in und um Kiel spielen, zum Beispiel in Hassee?

Wie wäre es, in einem Roman zur Kaiserzeit mit der Protagonistin Luise im Etablissement Waldwiese zu tanzen, durch das Vieburger Gehölz zu streifen und sie auf ihren mal tragischen, mal hoffnungsvollen Wegen durch unsere Stadt zu begleiten? Schließlich hat auch Kiel historisch und landschaftlich gesehen so viel zu bieten.

Autorin aus dem Grünen Herz
Die Kieler Autorin Jessica Weber schreibt und veröffentlicht hauptsächlich historische Romane – mit und ohne Romantik. Insgesamt hat sie unter ihren drei Pseudonymen bisher sieben Romane und zwei Kurzromane allein und weitere zwei Romane zusammen mit Autorenkolleginnen veröffentlicht. Außerdem erscheinen regelmäßig Kurzgeschichten von ihr in Anthologien. Vor kurzem ist „Das Leuchten der Freiheit“ im Bastei Lübbe Verlag als Taschenbuch erschienen – ein besonderes Erlebnis für die Autorin, ihren Kiel-Roman in Kieler Buchhandlungen ausliegen zu sehen.

Handlung des Romans „Das Leuchten der Freiheit“
Die aufstrebende Marinestadt Kiel zur Kaiserzeit und eine junge Frau zwischen Herz und Pflichtgefühl. Werftarbeitertochter Luise gelingt der gesellschaftliche Aufstieg – doch zu welchem Preis? Luise träumt von der weiten Welt und davon, es einmal besser zu haben als ihre Eltern. Aber ihr Freiheitsdrang bringt sie mehr als einmal ernsthaft in Gefahr.
Als Luise einige Zeit in einer psychiatrischen Anstalt verbringen muss, dringt einzig Medizinstudent Julius zu ihr durch. Mit seiner Hilfe findet sie zu sich selbst und kämpft sich zurück ins Leben. Dennoch verlieren sich ihre Wege. Wieder zu Hause drängt ihre Mutter Luise erneut in die starren Konventionen der Gesellschaft und zu einer baldigen Heirat. Doch was ist mit Luises eigenen Träumen?
Nach einigen Romanen mit weiter entfernten Schauplätzen war es eine neue und schöne Erfahrung für die Autorin, die umfangreiche Recherche für das Buch vor der eigenen Haustür durchzuführen, hierzu die städtischen Museen zu besuchen und ihre Heimatstadt durch Bücher, alte Stadtpläne, Zeitungsberichte und historische Fotografien noch einmal ganz neu kennenzulernen.

Zeitungsbericht über Waldwiese als Inspiration
Wie entsteht eigentlich die Idee zu einem Roman? „Das kann schneller gehen, als man denkt“, erzählt die Autorin. Inspiration lauert schließlich überall, und manchmal genügen ein paar Sätze in einer Zeitung. So ist ein Artikel in KIEL LOKAL über das Restaurant Waldwiese „schuld“ daran, dass es „Das Leuchten der Freiheit“ überhaupt gibt. In diesem Bericht wurde ein ehemaliger Besitzer zitiert, der davon schwärmte, welche Vergnügungen die Waldwiese den Besuchern einst zu bieten hatte.
Die Menschen um die Jahrhundertwende arbeiteten hart, und der einzige freie Tag – der Sonntag – wurde genutzt, um Etablissements wie die Waldwiese aufzusuchen, zu tanzen, zu trinken und zu schlemmen. Die Autorin war sofort fasziniert von dem Gedanken, die Waldwiese zu einem wichtigen Schauplatz des Romans zu machen, und so spielen dort auch einige Schlüsselszenen.
Außerdem ließ der zitierte Besitzer den Begriff „Völkerschau“ fallen. Die Vorstellung, dass auch in Kiel diese Art von zweifelhafter Volksbelustigung stattgefunden hat, ließ im Kopf der Autorin gleich die Idee zu einem der Handlungsstränge ihres Romans entstehen.
Schon früher war sie bei der Recherche über die Herkunft der Straßennamen in ihrer Nachbarschaft auf die ehemalige „Nervenheilanstalt Hornheim“ gestoßen, und endlich bot sich mit der Roman-idee die Möglichkeit, auch diesen interessanten Ort literarisch zu verwerten.
Weitere „Zutaten“ für den Roman waren die Dinge, die Kiel bereits um die Jahrhundertwende geprägt haben: der Schiffbau und die Marine. Die lebenshungrige Protagonistin Luise kämpft gegen die steifen Gepflogenheiten der Kaiserzeit und die oft genug unbarmherzigen gesellschaftlichen Zwänge, weil sie sich nichts sehnlicher wünscht als die Freiheit, ihr Leben so zu leben, wie sie es für richtig hält. Wird es ihr gelingen? Lesen Sie selbst! Das 412-seitige Taschenbuch von Jessica Weber (ISBN 978-3-404-18819-2) ist für elf Euro im Buchhandel erhältlich, auch als eBook und Audible-Hörbuch-Download.