Kommunalwahl in Russee

Am 6. Mai wird in Kiel ein neues Stadtparlament gewählt. Die Parteien rüsten sich zum Endspurt. In wenigen Tagen entscheiden die Kielerinnen und Kieler, wer in den nächsten fünf Jahren ihre Interessen in der Ratsversammlung vertritt. Michael Frey, Dagmar Hirdes und Astrid Leßmann stellten sich den Fragen unseres Redakteurs Winfried Jöhnk.

Der Wahlkreis 15 mit Russee, Hammer und Demühlen bietet sehr viele unterschiedliche Facetten. Wo sehen Sie die Stärken, was muss noch verbessert werden?

Frey:
In unserem Wahlkreis kann jeder eigentlich alles finden, Erholung und viel Natur in Hammer. In Russee und Demühlen und auch in Hammer ist ein ruhiges Wohnen möglich. Die Verkehrsanbindung ist in Russee gut, muss aber in Hammer noch verbessert werden. Die Einkaufsmöglichkeiten sind sehr vielfältig, allerdings muss mit allen Mitteln versucht werden, auch den zur Zeit geschlossenen Edeka-Markt wieder zu beleben. Ich weiß, dass dieses eine schier nicht zu bewältigende Aufgabe ist, möchte aber auch an dieser Stelle allen Beteiligten Dank für ihren Einsatz sagen und werde mich auch persönlich immer wieder für einen neuen Markt einsetzen.
Dass wir einen begehrten Stadtteil haben, zeigt auch, dass es keine freien Bauplätze mehr gibt. Einen großen Vorteil haben wir mit dem Eiderbad. Kein anderer Stadtteil – außer Gaarden (Katzheide) – kann eine solche Einrichtung vorweisen. Die gerade durchgeführte Generalsanierung sichert für die nächsten 20 Jahre den Erhalt unseres Bades. Ich hoffe, dass die Arbeiten in Hof Hammer noch in diesem Jahr beginnen und wir auch dort neue Lebensqualitäten für alle schaffen können.

Hirdes:
Die Stärke von Russee/ Hammer/ Demühlen liegt für mich in der tollen Mischung von Wohnen und Freizeit – und Erholungswert – durch die großen Grünzüge bzw. das Leben im Grünen. Die Innenstadt mit kulturellen Angeboten, Geschäften, Markt und Behörden, Bahnhof und auch die Förde liegen in gut erreichbarer Nähe – sowohl mit dem Rad als auch dem Bus. Die wesentlichen Dinge des täglichen Bedarfs gibt es vor Ort, ebenso die Grundschule und Kindertagesstätten. Auch der Freizeitsport lässt sich individuell und im Verein gut organisieren. Was fehlt, ist ein „öffentlicher Mittelpunkt“ als Ort der Begegnung und sicherlich auch Wohnraum für Menschen, die Pflege brauchen.

Leßmann:
In Russee/ Hammer/ Demühlen zu leben, heißt, in naturnaher Umgebung wohnen und sich wohl zu fühlen. Hier wird gute Nachbarschaft gepflegt. Man kennt und hilft sich gegenseitig. Es gibt viele Vereine und Verbände in unserem Bezirk. Feuerwehr, Schützengilde, Sportvereine, es gibt viele Möglichkeiten, sich zu engagieren und sich sportlich zu betätigen. Wir haben in Russee eine gute Infrastruktur. Gute Einkaufsmöglichkeiten, Ärzte,
Schulen und Kitas sind vorhanden. Verbessert werden muss die Ausstattung der Schulen, insbesondere die Sanitärausstattung. Rad- und Wanderwege sollten weiter erhalten und ausgebaut werden.

In welchen Bereichen wollen Sie als Ratsmitglied ihre Schwerpunkte setzen?

Frey:
Ich bin seit 15 Jahren sportpolitischer Sprecher. In dieser Funktion konnte ich mich speziell für den Bau der Russeer Sporthalle und die verschiedenen Sanierungsarbeiten im Eiderbad einsetzen. Ich werde auch weiterhin die Sportmaßnahmen im Stadtteil begleiten. Darüber hinaus werde ich alle Angelegenheiten – wie z.B. gerade in jüngster Vergangenheit die Überflutung in Hammer –, die unseren Stadtteil betreffen, unterstützen. Ich möchte aber einmal an dieser Stelle sagen, dass ich nur einer von derzeit 53 Mitgliedern der Ratsversammlung bin und natürlich jeder andere Kollege und Kollegin gleiches für ihren Stadtteil wünscht.

Hirdes:
Meine persönlichen Schwerpunktthemen im Rat sind Querschnittsthemen – Finanzen, Ordnung, Personal, Rettungswesen und Feuerwehren.
Für Russee/ Hammer/ Demühlen sehe ich meine Schwerpunkte in der verkehrlichen Anbindung durch den öffentlichen Nahverkehr und den Ausbau bzw. die Pflege der Radverkehrsverbindungen. Vorgenommen habe ich mir zudem, das Thema „Wohnen im Alter“ zu vertiefen. In den kommenden Jahren werden viele Menschen im Stadtteil das Rentenalter erreichen. Mittel- bis langfristig stellt sich für viele die Frage, was notwendig ist, um auch im Alter in der gewohnten Umgebung bleiben zu können – oder zumindest im Stadtteil. Das Thema beschäftigt mich schon länger. So habe ich in einer der ersten Runden – vor nunmehr einigen Jahren – für das Bauprojekt Hof Hammer auch barrierefreie bzw. seniorengerechte Wohnungen eingefordert.
Zu meinem Querschnittsthema „Ordnung“ gehört auch, dass ich eine deutliche Verstärkung bei der Überwachung des fließenden und ruhenden Verkehrs in den Stadtteilen mit durchgesetzt habe. Für mehr Sicherheit im Straßenverkehr und auf Schulwegen, Ruhe für die AnwohnerInnen und barrierefreie Wege statt zugeparkter Fuß- und Radwege.

Leßmann:
Bauen und Wohnen, für das Thema möchte ich mich einsetzen. Ob für Familien mit Kindern, für Singles oder für Senioren, es wird dringend mehr Wohnraum benötigt.
Das Thema Elektromobilität liegt mir sehr am Herzen, und dafür werde ich mich gerne einbringen. Nach meiner Meinung wird sich der Verkehr der Zukunft elektrisch bewegen. E-Fahrzeuge sind leise, fahren emissionsfrei und können aktuell bis zu 500 Kilometer am Stück zurücklegen. Zur Elektromobilität gehören aber auch eine funktionierende Energieversorgung und eine wachsende Zahl an Lademöglichkeiten.

Auffallend viele Bürgerinnen und Bürger nehmen in ihrem Wahlkreis aktiv am politischen Geschehen teil. Könnten Sie sich auch eine Bürgersprechstunde vor Ort vorstellen?

Frey:
Ja. Gerade in den vergangenen 15 Jahren haben viele Bürger mich in persönlichen Gesprächen auf Probleme aufmerksam gemacht und oft konnte geholfen werden.

Hirdes:
Ja, das kann ich mir sehr gut vorstellen. In den letzten zehn Jahren, die ich ja schon Mitglied der Ratsversammlung bin, haben mich oft Menschen aus dem Stadtteil einfach angerufen, beim Einkauf oder am Rande einer Ortsbeiratssitzung angesprochen. Meine Kontaktdaten sind öffentlich bekannt. Eine feste Zeit und ein fester Ort – einen Versuch wäre es wert.

Leßmann:
Eine Bürgersprechstunde ist eine gute Möglichkeit zur Kommunikation, die ich gerne aufgreifen will. Die Bürgerinnen und Bürger sind es, die im Mittelpunkt der Kommunalpolitik für unsere Stadtteile und die Stadt insgesamt stehen. Eine Bürgersprechstunde ist eine gute Gelegenheit, um zu erfahren, wo die Menschen der „Schuh drückt“. Als Kommunalpolitikerin ist es wichtig, die Probleme vor Ort zu kennen und mit den Menschen im Gespräch zu sein und zu bleiben.

Wir haben keine Seniorenwohneinrichtung im Wahlkreis. Brauchen wir ein „Altersheim“?

Frey:
Ich habe mich bereits seit vielen Jahren dafür ausgesprochen, etwas für unsere Senioren zu tun. Ein erster Schritt ist sicherlich die Fertigstellung des Hof Hammer. Natürlich wäre es sehr schön, ein „Altersheim“ zu haben, aber man benötigt dazu ein Gelände und einen Betreiber. Beides ist in der heutigen Zeit sehr schwer – ich denke nur an den Pflegekräftemangel. Trotzdem habe ich die Idee noch immer im Hinterkopf und unterstütze sie voll.

Hirdes:
Ich bin mir nicht sicher, ob wir ein „Altenheim“ brauchen. Seniorengerechte, barrierefreie Wohnungen fehlen aber auf jeden Fall – egal ob in einer Seniorenwohnanlage oder „eingestreut“ in bunt gemischten Wohnhäusern mit Familien, jungen und älteren Menschen. Ein gutes Beratungsangebot, um in der eigenen Wohnung gut alt werden zu können, also ggf. mit Umbaumaßnahmen und Hilfe im Haushalt oder bei der Pflege, ist wirklich wichtig.
Eine Einrichtung für pflegebedürftige Menschen, die auch mit Hilfe und Unterstützung nicht mehr in ihrer Wohnung leben können, fehlt uns leider auch. Ob sich das jedoch in einer kleinen Einheit darstellen lässt, wie sie zu Russee/ Hammer/ Demühlen passen würde, müsste geprüft werden.

Leßmann:
Nein, ich denke, wir brauchen kein Altersheim in Russee oder Hammer. Wenn man die Menschen danach fragt, so ist die Antwort eindeutig: In ein Altersheim einzuziehen, kann sich niemand wirklich vorstellen. Aber es müssen natürlich Möglichkeiten geschaffen werden, dass auch ältere Menschen in ihren Stadtteilen wohnen bleiben können. Der Bau von seniorengerechten und damit barrierearmen Wohnungen oder auch Mehrgenerationenhäusern ist dafür eine wichtige Voraussetzung. Dafür werde ich mich einsetzen.

Wie stehen Sie zu einem Bürger-/ Kommunikationszentrum?

Frey:
Auch dieser Gedanke ist nur zu begrüßen. Es gilt aber gleiches wie bereits zum „Altersheim“ gesagt. Die Aktivitäten des Ortsbeirates und der Bürgerinitiative in dieser Angelegenheit finden in mir einen Verbündeten.

Hirdes:
Es fehlt ein öffentlicher Ort, wo sich Menschen treffen können, Kultur stattfinden kann, gemeinsam diskutiert und auch gefeiert werden kann, wo alle Generationen Raum finden können.
Ob und wo man dieses konkret ansiedeln kann, wie man so einen Ort organisiert usw., darüber sollte vor Ort intensiver und mit mehr Menschen diskutiert werden, um genauer zu erkunden, was tatsächlich gewollt ist. Breit aufgestellt lässt sich die Energie dafür aufbringen, die den Stein ins Rollen bringen kann.

Leßmann:
Ein Bürgertreff oder ein Kommunikationszentrum wird in unserem Stadtteil gebraucht. Allerdings ist die Umsetzung schwierig. Wer soll der Träger sein, wer verwaltet die Räume? Es ist schwer, entsprechende finanzierbare Räumlichkeiten zu finden. Wenn es zum Bau eines Mehrgenerationenhauses kommt, wäre es schön, Räume für solche Zwecke mit einzuplanen. Die geplante Bebauung auf dem Hof Hammer ist aus meiner Sicht eine ideale Lösung, um dort ein Kommunikationszentrum für Russee und Hammer entstehen zu lassen.

Ist der Öffentliche Personennahverkehr ausreichend? Wie kann der Bahnhalt Russee belebt werden?

Frey:
Was die Busverbindung in Hammer angeht, habe ich bereits meine Vorstellungen erwähnt. Dort muss auch der Busverkehr innerhalb des Stadtteils geregelt werden. Dass die Busse dort nicht wegen der Enge fahren können, kann sicherlich durch den Einsatz kleinerer Busse geregelt werden. Die entsprechenden Gespräche müssen geführt werden. In Russee ist das Angebot ausreichend. Kleinere Veränderungen sind aber auch dort wünschenswert.
Wie der Bahnhalt Russee belebt werden kann? Dafür habe ich leider keinen Vorschlag.

Hirdes:
Konzentriere ich mich auf Russee/ Demühlen, dann muss ich die hohe Auslastung der Busse zu bestimmten Zeiten erwähnen. Da wird es schon mal eng. Die Frequenz der Busse ist jedoch insgesamt wochentags ganz okay. Sonntags und in den Abendstunden sieht das schon anders aus.
Für Hammer wünsche ich mir, auch wenn die Auslastung nicht so hoch ist, dass dort immer auch eine Anbindung durch Busse gegeben ist. Das gehört für mich zur Daseinsvorsorge, die öffentlich geleistet werden muss.
Den Bahnhof müssen wir wohl alle gemeinsam stärker bewerben. Mit der baulichen Herrichtung des Bahnhofumfeldes und -platzes in 2019 sollte eine gute Werbekampagne verbunden werden, denn die Verbindung Richtung Hauptbahnhof und Richtung Rendsburg ist eine sehr attraktives Angebot. Es kennen wohl noch sehr wenige konkret.

Leßmann:
In Russee haben wir gute Busverbindungen in die Innenstadt. In Hammer fährt seit einiger Zeit wieder die Buslinie 5. Das begrüßen wir AnwohnerInnen sehr und diese Linie muss unbedingt erhalten bleiben, um auch in Russee Einkäufe oder Arztbesuche erledigen zu können.
Es wäre allerdings wünschenswert, eine engere Taktung von Bus und Bahn zu erzielen, das gilt besonders für Sonn- und Feiertage.
Der Bahnhalt Russee bietet viele Vorteile. Von hier aus kann man schnell Rendsburg oder die Kieler Innenstadt erreichen. Dafür könnte besonders bei den im Gewerbegebiet ansässigen Firmen mehr geworben werden.
Der öffentliche Personennahverkehr muss für alle bezahlbar sein. „Immer sonntags kostenfrei mit Bus und Bahn, bin ich dabei“, das wäre doch mal ein schöner Slogan, um mehr Menschen zum Fahren mit Bus und Bahn zu bewegen, und zwar kostenlos.

Wenn ich einen Wunsch frei hätte, dann …?

Frey:
… würde ich mir wünschen, dass alle Menschen wieder mehr an Gemeinschaft, Ehrlichkeit und Vertrauen glauben und dieses entsprechend weitergeben.

Hirdes:
… entwickeln wir die Ortsbeiräte zu Zentren des bürgerschaftlichen Austauschs, statten diese mit Budgets aus und schaffen so eine bürgernahe, gemeinschaftliche Basis für die vielen kleinen Dinge, die unsere Stadtteile l(i)ebenswert(er) machen. Ein bisschen mehr Basisdemokratie für uns alle und im Gegenzug mehr Konzentration auf Leitlinien und Übergeordnetes auf der Ebene des Stadtrats.

Leßmann:
… würden die Waldflächen in Hammer und Russee verschönert werden. Durch die vielen Stürme und viel Nässe ist eine große Zahl von Bäumen entwurzelt oder verfault und sie fallen reihenweise um. Ich weiß natürlich, dass die Natur sich selbst überlassen werden soll. Aber damit die Waldflächen auch für nachfolgende Generationen erhalten werden, sollten geeignete Maßnahmen erfolgen, um den ökologischen Zustand des Waldes zu verbessern.

Michael Frey (CDU)
71 Jahre, verheiratet, ein Sohn, zwei Enkel, Rentner, Mitglied des Ortsbeirates Russee/ Hammer/ Demühlen, seit 2003 Mitglied der Kieler Ratsfraktion, Vorsitzender des Innen- und Umweltausschusses, sport- und gleichstellungspolitischer Sprecher der CDU-Ratsfraktion, ehrenamtlicher Richter und Mündelbetreuer.

Dagmar Hirdes (Grüne)
56 Jahre, verheiratet, geboren in Essen/ NRW, lebt seit 1994 in Russee; stellvertretende Referatsleiterin im Justizministerium im Bereich Justizvollzug; seit 2008 Ratsfrau und stellvertretende Stadtpräsidentin.

Astrid Leßmann (SPD)
59 Jahre, in Kiel geboren,
verheiratet, zwei erwachsene
Kinder, Beruf: Sekretärin, Kreisvorsitzende des Verbands Wohneigentum Siedlerbund Schleswig-Holstein e.V., stellv. Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Russee-Hammer, Mitglied im Ortsbeirat, Mitglied im Siedlerbeirat der Stadt Kiel.

Weitere KandidatInnen
Neben den hier Interviewten stehen – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – am 6. Mai im Wahlkreis 15 folgende DirektkandidatInnen zur Wahl: Thomas Biehlig (Piraten), Tobias Gürtler (FDP), Kristian Heitkamp (DIE LINKE) und Friedbert Wendt (SSW).

(Text: Jöhnk: Foto: SPD; Die Grünen, CDU)