Von Betroffenen für Betroffene

ZSL Nord
Janine Kolbig ist Geschäftsführerin des Vereins ZSL Nord, der Menschen mit Behinderungen auf Augenhöhe unterstützt. Foto: Paula Schnoor

ZSL Nord berät Menschen mit Behinderungen in allen Lebenslagen

In der Saarbrückenstraße / Ecke Westring ist der Sitz des ‚Zentrums für selbstbestimmtes Leben Norddeutschland‘ e. V., einer gemeinnützigen Beratungsstelle für Menschen mit Behinderungen. Die Beratung erfolgt von Betroffenen für Betroffene.

Das ZSL Nord wurde 2016 gegründet und ist in seiner Art einmalig in Schleswig-Holstein. Das Motto der Organisation lautet „Wir beraten, Sie entscheiden“. Dafür setzt sich das siebenköpfige Team rund um Geschäftsführerin Janine Kolbig mit Herzblut ein. Wichtig ist ihnen dabei die Selbstbestimmung. Das Team steht zwar für jegliche Beratungsfragen offen, entscheiden sollen die Betroffenen jedoch selbst. „Ein bunter Strauß an Möglichkeiten“ soll laut Janine Kolbig eröffnet werden. Finanziert wird die gemeinnützige Organisation durch Spenden und Fördermittel. Mitglied kann jeder werden, jedoch haben nur Betroffene ein Mitbestimmungsrecht im Verein.

Das Besondere an dieser Beratungsstelle ist das Peer-Counceling. ‚Peer‘ lässt sich mit ‚Gleichgestellter‘ oder auch ‚Kollege‘ übersetzen. Die Angestellten des ZSL Nord beraten aus erster Hand. Sie selbst sind Menschen mit Behinderungen. Somit können sie die Probleme und Sorgen häufig besser nachvollziehen.

Auch die allgemeine Durchsetzung der Menschenrechte von Menschen mit Behinderungen ist ein Ziel. Viel zu häufig können diese sich nicht selbst vertreten und für sich einstehen. Sie haben schlicht nicht die Kraft oder Möglichkeiten, sich um rechtliche oder persönliche Missstände allein zu kümmern. Häufig müssen Anträge ausgefüllt und gestellt werden, die nicht selten nach monatelangen Bearbeitungszeiten abgelehnt werden. Dies setzt Hilfe von außerhalb voraus.

Oft haben Betroffene
schlicht nicht die Kraft oder Möglichkeiten, sich um
rechtliche oder persönliche Missstände allein zu
kümmern.

Das Projekt „Meine Rechte durchsetzen“ greift Betroffenen bei Rechtsfragen unter die Arme. Projektleiter ist der Jurist Heiner Popken. Er hilft gemeinsam mit dem Kommunikationswissenschaftler Mathis Wentz bei rechtlichen Problemen. Eine spezielle Klagemöglichkeit, die bisher bundesweit nahezu ungenutzt blieb, ermöglicht es Menschen mit Behinderungen, über Selbstvertretungsorganisationen wie den ZSL Nord zu klagen. So können Betroffene völlig ohne Kosten ihre Rechte vor Gericht durchsetzen. Auch hier kommt das Peer-Counceling ins Spiel. Zunächst möchte das Projekt, welches von der ‚Aktion Mensch‘ gefördert wird, Rechtsverletzungen im Raum Kiel und Norddeutschland vor Gericht bringen.
„Jeder oder jede Interessierte darf sich bei uns melden. Interesse ist gern gesehen“, beteuert Geschäftsführerin Janine Kolbig, denn nur wenn die Missstände der breiten Masse bewusst sind, kann auch ein Umdenken erfolgen.
Sie selbst setzt sich nicht nur beruflich, sondern auch privat leidenschaftlich für ihre Rechte ein. Daher ist sie Mitglied im Landesbeirat. Dort vertritt sie regelmäßig politische Interessen von Menschen mit Behinderungen.
Dienstags, mittwochs und donnerstags stehen vier Berater und Beraterinnen während der Sprechstunden vor Ort und telefonisch zur Verfügung. Es können auch Hausbesuche oder Video-Calls vereinbart werden. Jeden dritten Donnerstag findet ab 17 Uhr der Stammtisch für Betroffene und Angehörige über Zoom statt und jeden dritten Freitag im ‚Haus des Sports‘ in Präsenz.
Am zweiten Mittwoch trifft sich der Arbeitgebertreff, ebenfalls via Zoom. Dabei können sich Betroffene über ihre Erfahrungen oder Sorgen rund um die persönliche Assistenz austauschen. Den Zoom-Link und weitere Informationen finden Sie auf der Homepage www.zsl-nord.com. PS