Es fehlt an aktiver Erinnerungskultur

Kieler Bürgerstiftung
Der ehemalige Geschichtslehrer und derzeitige Stadtführer Uwe Trautsch führte Lehrerinnen und Lehrer von Kieler Schulen zu ausgewählten Gedenkstätten der Kieler Geschichte.Foto: Michael Scholz

Kieler Bürgerstiftung fördert die Vermittlung der Stadtgeschichte an Kieler Schulen

Wie kann man die Kieler Stadtgeschichte jungen Menschen näherbringen? Mit dieser Frage hatte sich in den letzten Monaten eine Projektgruppe der Kieler Bürgerstiftung
beschäftigt.

Unter der Leitung von Michael Scholz, des Vorstandsvorsitzenden dieser Stiftung, fand im Ratsherrenzimmer des Kieler Rathauses ein erstes Treffen zu diesem Thema statt. Eingeladen waren der Vorsitzende der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte, Rolf Fischer, die Leiterin des Zentrums der Kieler Stadtgeschichte im 20. Jahrhundert, Dr. Sabine Moller, ihre pädagogische Mitarbeiterin Rabea Bahr und nahezu 30 Lehrerinnen und Lehrer der weiterführenden Kieler Schulen, darunter auch Abgesandte der Gemeinschaftsschule Hassee und der ­Max-Planck-Schule.
Das Zugpferd für diese Zusammenkunft war Uwe Trautsch, ehemaliger Geschichtslehrer der Hebbelschule und derzeitiger Stadtführer von Kiel. Er bot allen Beteiligten eine Führung zu ausgewählten Gedenkstätten der Kieler Geschichte an.

Stationen waren unter anderen der Alte Markt mit dem ehemaligen Rathaus, Ernst Barlachs Geistkämpfer vor der Nikolaikirche, die Statue, die dem Kloster-Gründer Adolf IV gewidmet ist, der Gedenkstein zur Erinnerung an die Ausrufung einer Provisorischen Regierung in Kiel am 24.3.1848 und schließlich das Denkmal zum Matrosenaufstand 1918 im Kieler Ratsdienergarten.

Die Grundfragen, die nach den Erfahrungen von Uwe Trautsch zu der Erschließung dieser Gedenkstätten gehören, sind derer drei: Zu welchem Ereignis gehört das Denkmal? Welche Zeitspanne liegt zwischen Ereignis und der Aufstellung des Denkmals? Wie ist es im Hinblick auf seine Gestaltung und Aussagekraft interpretierbar?

Der Gang durch einen kleinen, aber bedeutenden Teil der Kieler Stadtgeschichte wurde für viele Lehrkräfte zu einer Quelle neuer Informationen und neuer Perspektiven. Denn vieles war vielen noch unbekannt. Und wenn man dazu solch einen historischen Streifzug derart leidenschaftlich vermittelt bekommt, als handle es sich um das eigene Wohnzimmer des Stadtführers, dann ist das nicht nur unterhaltend, sondern auch ausgesprochen inspirierend.
So entwickelte sich dann auch im Anschluss daran im Ratsherrenzimmer eine lebhafte und intensive Diskussion darüber, was und wie man in den Schulen einer jungen, nachwachsenden Generation die Geschichte Kiels nahebringen kann. Denn die wenigen ausgewählten Haltepunkte von his­torischer Bedeutung in der Stadt haben allen Beteiligten zeigen können, dass die Erinnerung und das Gedenken an die historischen Besonderheiten der Stadt Kiel mit geeigneten Vermittlungsmöglich­keiten sehr lebendig und sehr produktiv sein können.
Immer wieder wurde in den Wortbeiträgen der Teilnehmerschaft deutlich, wie sehr es an einer produktiven, aktiven Erinnerungskultur fehlt. Denn gerade junge Menschen erleben die Stadt primär in ihrer gegenwärtigen Lage und wenig in ihrer geschichtlichen Substanz. Das Gewordene ist vielen nicht gegenwärtig. So wurde an diesem Tag das Ziel formuliert, eine lebendige und produktive Beschäftigung mit der eigenen Geschichte anhand von verschiedenen Anreizen und Arbeitsimpulsen voranzutreiben.

Dr. Malte Klein, der als Lehrkraft am IQSH und an der Universität mit seinen Referendaren und Studenten Projekte und Seminare zur Kieler Geschichte anbietet, stellte in diesem Zusammenhang eine Reihe von Projekt- und Unterrichtsideen vor, bei denen die digitale Arbeit im Vordergrund steht. Außerdem wurde ein Wettbewerb zur Kieler Stadtgeschichte angedacht, für den sich Schülerinnen und Schüler der Kieler Schulen mit ihren Projekten zu einem ausgeschriebenen Dachthema bewerben können. Axel v. Villebois