Für alle Fälle gut gerüstet

FF Russee

Freiwillige Feuerwehr Russee war im vergangenen Jahr fast hundertmal im Einsatz

Mehr Groß- und Mittelbrände, weniger Sturmeinsätze und besondere Herausforderungen erwarteten die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr (FF) Kiel-Russee im Jahr 2023.

Knapp vier Stunden blieben den Frauen und Männern der 9. Brandschutzbereitschaft in Kiel nach der Alarmierung am 25. Oktober, um alles zu erledigen: Abstimmung mit dem Arbeitgeber, Übergabe zu Hause organisieren und schließlich mit Tagesgepäck ausgerüstet im Feuerwehrhaus stehen. Auftrag war die Deichsicherung in der Nähe von Maasholm an der Ostseeküste. Der Orkan und die Sturmflut hatten dort (wie auch andernorts) ganze Abschnitte der Küstenschutzanlagen ins Meer gespült und boten den dahinterliegenden Gemeinden nur noch unzureichenden Schutz. Weitere Stürme hatte der Wetterdienst bereits angekündigt.
„23 Einsatzkräfte der Feuerwehr Russee waren – in zwei Schichten aufgeteilt – insgesamt 23 Stunden vor Ort. Zusammen mit den anderen Kieler Ortsfeuerwehren haben wir die angelieferten Sandsäcke am Deichfuß gestapelt“, berichtete Gruppenführer Niklas Alexander Wendt von diesem besonderen Einsatz. Doch trotz des Orkans und der anderen starken Stürme im vergangenen Jahr waren die 70 Feuerwehrleute aus dem Kieler Süden weniger durch Wetterereignisse gefordert als noch 2022. Sturmschäden waren 14-mal Grund für eine Alarmierung.
Zugenommen hatte 2023 dagegen die Zahl der Mittel- und Großbrände. Ab zwei eingesetzten C-Rohren gilt ein Brandgeschehen als Mittelbrand, mehr als 3 C-Rohre werden als Großbrand kategorisiert. „Bei beiden Kategorien gab es eine 30-prozentige Steigerung im Vergleich zu 2022. Stark gefordert waren wir unter anderem bei einem langwierigen Kellerbrand im Stadtteil Mettenhof, dem Feuer in einer Sporthalle der IGS Hassee und einem Wohnungsbrand in Hassee. Bei Letzterem haben wir auch noch Menschen aus ihren Wohnungen gerettet“, schilderte Wendt. Häufig war der Einsatz unter schwerem Atemschutz nötig. „Zusammengerechnet haben die 31 Atemschutzgeräteträgerinnen und -träger im letzten Jahr 72-mal im Einsatz einen Pressluftatmer benutzt. Zum Vergleich: 2022 lag diese Zahl bei acht“, erläuterte Wehrführer Arne Beeck. Deutlich häufiger wurde die Logistikgruppe Verpflegung angefordert: Neunmal unterstützte die Gruppe bei der Versorgung mit Snacks und Getränken bei Bombenräumungen, einem Gefahrgutunfall oder anderen Schadenslagen mit längerer Dauer.

Ausbildung der Russeer Sonderkomponente Löschwasserförderzug an einem Dienstabend. Fotos: FF Russee

Vorbereitung auf den Ernstfall
Bei allen Einsätzen ist eine hohe Professionalität gefragt. Um diese dauerhaft zu gewährleisten und sowohl im Zusammenspiel mit der Kieler Berufsfeuerwehr und anderen Wehren als auch mitunter allein sicher und schnell reagieren zu können, trainieren die Russeer Feuerwehrleute regelmäßig den Ernstfall. Beispiele gab der stellvertretende Wehrführer Björn Beeck während der Versammlung: „Zweimal im Monat an den regulären Dienstabenden üben wir mitunter einsatznah in abrissreifen Gebäuden oder die Technische Hilfeleistung nach Unfällen an Schrottautos.“ Zusätzlich übten die Atemschutztragenden die besondere Stress- und Herz-Kreislauf-Belastung bei der Rettung von Teamkolleginnen und -kollegen in speziellen Atemschutznotfalltrainings. Die Fahrerinnen und Fahrer der Einsatzfahrzeuge, die Maschinistinnen und Maschinisten, sind hier ebenfalls auch außerhalb der Dienstabende
gefordert. „Wir müssen für die Großfahrzeuge die gleichen Nachweise wie in der freien Wirtschaft erbringen. Dazu gehören Fahrtrainings und Theorieschulungen“, ergänzte Arne Beeck.
Vor den anwesenden Mitgliedern und Gästen auf der Jahreshauptversammlung am 19. Januar bekannte Stadtrat Christian Zierau: „Ich bin beeindruckt von diesem Training, mit dem Sie für die Kielerinnen und Kieler da sind. Die Schneestürme und Hochwasserlagen haben uns allen die Bedeutung des Katastrophen- und Bevölkerungsschutzes noch einmal vor Augen geführt.“ Auch Thomas Hinz, Leiter der Feuerwehr, und Stadtbrandmeister Hans-Bernhard Hassenstein lobten den Fokus der Russeer auf die intensive Ausbildung.

Der ehemalige Wehrführer Uwe Maaß erhielt für seine besonderen Verdienste um die Russeer Feuerwehr einen goldenen Feuerwehrhelm und wurde zum „Ehrenwehrführer“ ernannt.
Wolfgang Wöhlk (links) und Uwe Maaß (rechts) treten in die Ehrenabteilung über. Ralf Seibel (Mitte) wird für 50 Jahre in der FF Russee geehrt.

Neben dem Einsatzdienst ist den Mitgliedern der Freiwillgen Feuerwehr das Teamgefüge und Miteinander sehr wichtig. Paul Matzkowitz, Rasmus Wegener und Jonas Thadewaldt konnten aus der Jugendfeuerwehr übernommen werden und gehören nun zur Einsatzabteilung. Etliche Beförderungen aufgrund bestandener Lehrgänge oder langer Zugehörigkeit sprach Stadtwehrführer Hassenstein auf der Versammlung aus. So ist Ralf Seibel beispielsweise schon 50 Jahre Mitglied der FF Russee. Zwei besondere Ehrungen bildeten den emotionalen Höhepunkt des Abends: Wolfgang Wöhlk wird nach einer überaus erfolgreichen Laufbahn als Gruppenführer und Jugendwart Mitglied der Ehrenabteilung. Der ehemalige Wehrführer Uwe Maaß erhielt für seine besonderen Verdienste um die Russeer Feuerwehr einen goldenen Feuerwehrhelm und wurde zum „Ehrenwehrführer“ ernannt. Er ist seit 1969 Mitglied der FF Russee und mit 19 Jahren Mitglied des Vorstandes geworden. Dort war er nicht nur Gruppenführer und stellvertretender Ortswehrführer, sondern von 1997 bis 2014 auch Ortswehrführer. Mit Erreichen der Altersgrenze von 67 Jahren tritt er nun in die Ehrenabteilung über. Christin Beeck