Ist bürgernah gleich naturfern?

Die Gemeindeverwaltung plant in öffentlichen Sitzungen, dass zwei Lebensmittel-Märkte ihren Sitz zukünftig an der Ortsdurchfahrt haben sollen und beruft sich auf Wünsche der Bürger-Innen. Eine neu gegründete Bürgerinitiative fordert dagegen: „Kein Einkaufsriese auf unserer Blumenwiese“. Was steckt dahinter?

In der Einwohnerversammlung vom 24. Januar hat Bürgervorsteher Eberhard Pieczonka die Vorgeschichte durchaus minutiös aufgerollt. Am Podium in der Eiderhalle erinnerte er an die vorausgegangene Entwicklung. Denn bereits seit rund zehn Jahren seien Pläne geprüft worden, wie der Aldi-Markt näher ins Flintbeker Zentrum rücken könnte. Vor allem der Wunsch vieler Einwohner, die Angebote des Lebensmitteleinzelhandels besser erreichen zu können, habe den Anlass gegeben.

Kurze Wege gewünscht
Der damalige Entwurf, den Discounter mit Famila im Müllershörn zusammengehen zu lassen, wäre nicht nur in puncto Straßenverschwenkung aufwändig gewesen und hätte räumlich enge Grenzen gehabt. Zudem wären durch diese Variante öffentlich bedeutsame Flächen verbraucht worden, so etwa die Park-and-Ride-Plätze entlang der Bahnlinie. Auch hiergegen hätten sich Einwohnerbedenken gezeigt.

Nachdem die Eignerin des Famila-Marktes, Bartels-Langness, schließlich vor rund fünf Jahren einseitig die Entscheidung für die Suche eines alternativen Standorts gefällt habe, sei mit der Wahl der sog. Blumenwiese am Eiderkamp eine „normale Bauleitplanung“ begonnen worden (Landschaftsplaner Bernd Matthiesen).

Naturverbrauch verschleiert?
Schon in der daran anschließenden Fragerunde meldeten sich Stimmen, die ins Grundsätzliche zielten. Man habe ja viel über Machbarkeit gehört, was sei jedoch mit der Vernünftigkeit, fragte ein Teilnehmer unter Applaus.

Im daran anschließenden Beitrag für die Bürgerinitiative betonte Klaus-Dieter Böhme den in seinen Augen unverhältnismäßigen Naturverbrauch und warf der Verwaltung die Verschleierung wesentlicher Planungsdetails vor. Mit dem gegenwärtigen Vorhaben sollten vor allem Mittel der Städtebauförderung für die freiwerdende Fläche abgeschöpft werden. Böhme schloss mit dem Appell, der Entwicklung des Vorhandenen Vorrang vor Abriss und Neubau zu geben.

Verdrehung der Tatsachen?
Sichtlich betroffen erwiderte daran anschließend Dipl.-Ing. Oliver Kühle, die eben gehörte „Verdrehung“ sei „gewagt“. Tatsächlich ginge es in seinen Augen allein um die Verhinderung eines konkreten Bauwerks in der Nachbarschaft privater Wohnhäuser, mithin nicht um Motive des Gemein, – sondern des Privatwohls.

Städtebauförderung anvisiert
Auch in der Sitzung der Gemeindevertretung am 1. Februar wurden kritische Einwohner-Fragen gestellt, zwischen Bebauung der Blumenwiese und Ortssanierung durch Städtebauförderung schlugen die Wellen teils hoch. Mehrere Gemeindevertreter hoben einerseits die Chancen einer Städtebauförderung hervor. Andererseits stellten sie klar, dass mit der – kurz darauf einstimmig verabschiedeten Sanierungssatzung – zunächst nur die Möglichkeit eines solchen Verfahrens eröffnet werde.

Die Inhalte und Ziele würden erst später erarbeitet, öffentlich und transparent: „Bringen Sie sich ein, etwa in folgende Workshops zur Ausgestaltung der Städtebauförderung“, lautete der Appell.

So bleiben bis auf weiteres zwei Perspektiven unvermittelt: Haben „bessere Alternativen“ für den Einzelhandelsstandort aufgrund mangelnder privater Verkaufsbereitschaft „nicht zur Verfügung gestanden“ (Wulf Briege, SPD)? Oder wird, wie die Bürgerinitiative behauptet, der Umzug mitnichten ergebnisoffen betrieben?

(Text & Foto: Sellhoff)