Vom Holsteinplatz zur Zweitliga-Arena

Tradition hat einen Namen – seit mehr als 100 Jahren trägt die KSV ihre Fußballspiele am gleichen Ort aus, weshalb das Holstein-Stadion zu den ältesten Fußballarenen in Deutschland zählt. Allerdings war diese Tradition in der Vergangenheit des Öfteren Fluch statt Segen. Nicht nur einmal kollidierte es mit den Auflagen des Fußballverbandes.

Bereits bei Grundsteinlegung 1911 wurde an dieser Stätte höherklassiger Fußball gespielt. Nur ein Jahr zuvor wurde Holstein Norddeutscher und beinahe sogar Deutscher Meister. Das Interesse in der Bevölkerung stiegt, man sah sich nach einem geeigneten Austragungsort für die Heimspiele um und pachtete die „Witthöftschen Koppeln“. Eingeweiht wurde die Sportanlage am 15.10.1911 mit einem Freundschaftsspiel gegen den Berliner FC Preußen. Zu dieser Zeit zierte eine 200 Plätze fassende, über Schuldscheine finanzierte, hölzerne Sitztribüne den Spielfeldrand, um dem gut betuchten Klientel bei Wind und Wetter ein angenehmes Spektakel bieten zu können. Spätestens 1912, mit dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft, war der „Holstein-Sportplatz an der Irene-Straße bei Belvedere“ zu einem beliebten Anlaufziel geworden. Schon ein Jahr später konnte die KSV aus Vereinsmitteln einen B-Platz anlegen.
1921 kaufte die KSV der Familie Witthöft das Stadionrund ab. Ein Sturmschaden war Anlass für einen kompletten Tribünenneubau. Gegenüber der damaligen Tribüne, also an der Stelle der heutigen Gegengeraden, entstand daraufhin eine 420 Plätze fassende Sitzplatztribüne. Diese Tribüne bot zudem Platz für fünf Umkleidekabinen mit Waschräumen und eine Platzmeisterwohnung. 1923 wurden die Stehränge deutlich ausgeweitet, für nun 8.000 Zuschauer. Bei einem Freundschaftsvergleich mit der SpVgg Fürth meldete man erstmals „ausverkauft“.
Die KSV avancierte mit den Jahren zu einem Großverein, in dem nicht mehr nur Fußball gespielt wurde. Ab Herbst 1927 wurde das Fußballgrün daher um 25 Meter nach Nordosten verschoben, um den Leichtathleten Raum zu bieten. Durch den Bau weiterer Tribünenstufen fasste das Stadion nun eindrucksvolle 15.000 Plätze. Überlieferungen zufolge drängten sich beim Endrundenspiel gegen Schalke 04 sogar 18.000 Zuschauer auf den Rängen. Mit Änderung des Straßennamens zog das Stadion von der Irene- in die Projensdorfer Straße. Zeitgleich fand auch die Ortsbezeichnung Mühlenweg Einzug in den Sprachgebrauch der Fans, da dieser sich nordwestlich um den Platz zog.
Der Krieg ging an der Spielstätte der KSV nicht spurlos vorbei. Die Tribüne lag in Schutt und Asche und das Spielfeld war mit Bombenkratern durchzogen. Unter großer Anstrengung wurde die Störche-Arena im Oktober 1945 wieder bespielbar. Zum 50-jährigen Bestehen des Vereins wurde 1950 zum dritten Mal der Bau einer neuen Tribüne beschlossen. Auf der Hauptgeraden entstand nun der rund 170.000 DM schwere Bau mit freistehendem Dach, auf dem 1.020 Zuschauer sitzen konnten – darin Klubraum, Umkleidekabinen und eine Platzwartwohnung. Unvergessen das Spiel zwischen der KSV und dem HSV am Karfreitag 1951: Über 30.000 Zuschauer fieberten im Holstein-Rund mit. Dieser Wert bleibt bis heute ungeschlagener Rekord der Vereinsgeschichte. Leider verpassten die Störche 1965 den Sprung in die Bundesliga und versanken im Mittelmaß der Regionalliga Nord. Der Holsteinplatz, 1965 in Holstein-Stadion umbenannt, wurde für die KSV zu groß und kostspielig, die Stadt erwarb die Arena 1972 und rettete die Störche vor dem Ruin.
In den Folgejahren geschah sportlich und baulich nichts Aufsehenerregendes. Im März 2000 mussten – außer der Haupttribünenseite – zudem sämtliche Stadionbereiche aus Sicherheitsgründen gesperrt werden, sodass die Blau-Weiß-Roten vorerst vor einer bizarren Kulisse aufspielten. Das Stadion wurde zum Klotz am Bein. 2006 drohte der KSV gar die Lizenzverweigerung für die 3. Liga, da weder das Fassungsvermögen noch das Flutlicht oder die Sicherheitsvorkehrungen ein entsprechendes Niveau aufwiesen.
So kam Bewegung in das Thema, die Aschelaufbahnen verschwanden und es entstanden Tribünenneubauten auf Stahlrohrbasis auf der Westseite sowie der Gegengeraden am Westring 501. Mit dem Drittliga-Aufstieg 2009 wurde erneut am Flutlicht und den Sicherheitsbedingungen geschraubt. Im Jahr 2013 wurden dann beim Einbau einer Rasenheizung weitere Unwegsamkeiten aus dem Weg geräumt. Der seit Sommer 2017 geplante Bau einer neuen Osttribüne musste wegen der Förderung durch die Stadt Kiel und das Land Schleswig-Holstein nach EU-Richtlinien europaweit ausgeschrieben werden und verzögerte sich seither. Neben der Ostseite sollen schrittweise auch die anderen Tribünen grunderneuert werden. Das Ziel ist ein modernes Holstein-Stadion mit einem Fassungsvermögen von 28.000 Menschen.
Dem Abriss der steinernen Stufen auf der Ostseite des Stadions folgte eine provisorische Gerüsttribüne, welche am 6. Februar dieses Jahres im Pokalspiel gegen den FC Augsburg mit einer Ausnahmegenehmigung genutzt werden durfte. Nun hat die Stadt auch den kompletten Ausbau der Osttribüne genehmigt. Die Kapazität des Holstein-Stadions wird so von derzeit rund 10.000 auf 15.034 Zuschauer ausgeweitet. Die Verantwortlichen der KSV sind optimistisch, dass dieses Fassungsvermögen bereits im Nord-Duell gegen den FC St. Pauli am 6. April voll ausgenutzt werden kann. Es kann also weiter Fußball-Geschichte auf den „Witthöftschen Koppeln“ geschrieben werden.

Text: Stieh; Foto: ©Stieh