Interview mit dem Bürgermeister

Ingo Sander spricht über Lichtblicke in der Energiekrise,
die örtlichen Bauprojekte und Kronshagens besondere Stärke

Dieses Jahr plant die Gemeinde Kronshagen statt eines Neujahrsempfangs einen Jahresempfang am 31. Mai. Damit entfällt die traditionelle Rede des Bürgermeisters zum Beginn des Jahres. Das Kronshagen Magazin hat deshalb ein Interview mit dem Verwaltungschef geführt, in dem er auch positiv ins neue Jahr blickt.

Herr Sander, bei einem Rückblick auf das vergangene Jahr stehen der Krieg in der Ukraine und seine Folgen im Vordergrund. Welche Auswirkungen sind in Kronshagen am deutlichsten zu spüren und welche Herausforderungen sind für Sie als Verwaltungschef damit verbunden?
Ingo Sander: Der Angriff auf die Ukraine hat uns alle erst einmal erschüttert. Sehr schnell wurde auch das große Leid deutlich, das dieser Krieg für die Ukrainerinnen und Ukrainer bedeutete. Der barbarische Angriff Russlands hat die größte Fluchtsituation seit dem Zweiten Weltkrieg ausgelöst. Viele Menschen sind nach Deutschland und auch zu uns nach Kronshagen geflüchtet. Im letzten Frühjahr mussten wir sehr spontan Menschen unterbringen. Dazu wurde innerhalb kürzester Zeit das leerstehende Bonifatius-Haus als Unterkunft hergerichtet. Außerdem wurde privater Wohnraum angemietet, und die politischen Gremien haben die Errichtung einer Containerunterkunft in der Kieler Straße beschlossen. Diese Lösungen waren durch das gute Zusammenspiel von Verwaltung, AWO-Landesverband und viel ehrenamtlicher Solidarität möglich. Für diesen Einsatz danke ich sehr!
Gleichzeitig zeichnete sich die Energiekrise als eine spürbare Folge dieses Krieges ab. Diese Energiekrise und die angekündigten Preissteigerungen haben zu einer großen Verunsicherung geführt. Privathaushalte waren und sind verunsichert. Auch die Gemeinde muss mit großen Steigerungen in der Unterhaltung der Gemeindeliegenschaften rechnen. Die von der Bundes- und Landesregierung beschlossenen Energiepreisdeckel und Härtefallregelungen werden hier hoffentlich für Entlastung sorgen. Glücklicherweise haben wir in Kronshagen eine breite Palette an kostenlosen Beratungs- und Hilfsangeboten, sei es im Beratungsbüro im Bürgerhaus oder auch im Rathaus.

Welche Unterstützung können das Rathaus und das Beratungsbüro im Bürgerhaus im Einzelnen anbieten?
Im Rathaus beraten unsere Mitarbeiterinnen dahingehend, ob einem Haushalt Wohngeld oder andere soziale Leistungen zustehen. Seit dem 1. Januar 2023 wurde der Kreis der Berechtigten deutlich ausgeweitet, sodass sich eine Überprüfung immer lohnt. Auch der Berater in Rentenfragen und der Ämterlotse haben hier ihre Sprechstunden. Im Bürgerhaus bieten u. a. der Sozialverband, die Schuldnerberatung und die Psychosoziale Beratung und Assistenz ihre Hilfe an.

Sie sprachen vorhin die Bewirtschaftungskosten der gemeindlichen Liegenschaften an. Die Energiekrise, aber auch die globale Klimakrise zwingen uns, stärker mit Energie zu haushalten und neue Wege zu gehen. Wie sieht es damit in der Gemeinde Kronshagen aus?
Wir sind bei diesem zukunftsträchtigen Thema inzwischen sehr gut aufgestellt. Seit 2021 gibt es zwei Klimaschutz-Managerinnen in der Verwaltung, die in enger Zusammenarbeit mit der Klimaschutzagentur des Kreises und den Kronshagener Bürgerinnen und Bürgern ein Klimaschutzkonzept erstellt haben und seine Umsetzung nun begleiten werden. Unsere kompletten Liegenschaften (Schulen, Kitas, Bürgerhaus, Feuerwehr, Rathaus) werden wir unter energetischen Gesichtspunkten überprüfen, um die Gebäude fit für die Zukunft zu machen. Eine Maßnahme ist beispielsweise die Installation einer Photovoltaikanlage auf dem Dach der Feuerwehrfahrzeughalle. Wir werden aber auch über Nahwärmenetze und weitere Maßnahmen nachdenken. Nach meiner Einschätzung werden wir in den kommenden Jahren trotz einer schwierigen Haushaltslage erheblich in Klimaschutzmaßnahmen investieren müssen. Ich bin davon überzeugt, dass diese Maßnahmen von besonderer Bedeutung sind.

Und wie sieht es in anderen Bereichen aus? Wird sich die derzeitige Lage auf geplante Projekte der Gemeinde Kronshagen auswirken? Ich denke hier besonders an die Ortskernbebauung oder die Diskussion über einen Sporthallen-Neubau.
Die Baumaßnahmen im Ortskern liegen im Zeitplan. Mit der Baugenossenschaft Mittelholstein haben wir einen sehr verlässlichen Partner an unserer Seite. Es gibt trotz Ukraine-Krise und temporärem Baustoffmangel momentan keine wesentlichen Verzögerungen. Neben der Errichtung der Wohn- und Geschäftsgebäude ist die Erstellung des neuen Marktplatzes für die zweite Jahreshälfte geplant. Die Fertigstellung des gesamten Bauprojekts ist für das erste Halbjahr 2024 anvisiert.
Beim Thema Sporthallen-Neubau sieht es dagegen etwas anders aus. Allen Entscheidungsträgern in Politik und Verwaltung ist klar, dass die momentanen Hallenkapazitäten deutlich an der Grenze sind. Und wir alle wissen, dass Sport und das ehrenamtliche Engagement in den Vereinen für unsere Gemeinde von größter Bedeutung sind. Natürlich wäre es schön, wenn weitere Hallenkapazitäten zur Verfügung stünden. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Gemeinde in den letzten Jahren mehr als 3 Millionen Euro in den Ausbau und die Sanierung der Sportstätten investiert hat und den Vereinen die Sportstätten inklusive der Energiekosten kostenfrei zur Verfügung stellt.
Angesichts eines erheblichen Haushaltsdefizits für 2023, der absehbaren Notwendigkeit hoher Investitionen für die Schaffung von Kitaplätzen, der Sanierung des Gymnasiums und weiterer Klimaschutzmaßnahmen hat sich der zuständige Ausschuss aktuell gegen den Neubau einer Sporthalle ausgesprochen. Diese Entscheidung war für mich plausibel, schließlich hätte der Neubau einer Sporthalle Investitionskosten in Millionenhöhe und jährliche Unterhaltungskosten im sechsstelligen Bereich bedeutet. Möglicherweise gibt es aber eine Alternative. Der TSVK prüft derzeit, ob eine kostengünstigere Trainingshalle als Vereinsprojekt mit Spenden und Zuschüssen realisiert werden könnte. Ich würde mich freuen, wenn das gelingt.

Welche Themen stehen in Kronshagen ansonsten noch für 2023 an?
Die Versorgungsbetriebe Kronshagen werden voraussichtlich im Mai an ihren neuen Standort in der Claus-Sinjen-Straße umziehen. Das bisherige Gebäude wird dann für seine Nutzung als neue Polizeistation hergerichtet. Der Umzug in den Ortskern ist dann zum Ende des Jahres geplant. Ein weiteres Bauprojekt, das langsam Form annimmt, ist der Seniorenpark auf dem Gelände der ehemaligen Gärtnerei Klemm. Dort sollen neben Eigentums- ebenso Miet- und sozial geförderte Wohnungen für Senioren entstehen. Die abschließenden politischen Beratungen erfolgen in Kürze. In diesem Jahr soll der brachliegende Grandplatz am Sportzentrum umgebaut, renaturiert und den Kronshagenerinnen und Kronshagenern als Freizeitfläche zur Verfügung gestellt werden.

In Ihren Reden gehen Sie oftmals auch auf Themen ein, die nicht unmittelbar mit Kronshagen zusammenhängen. Gibt es momentan etwas, was Sie persönlich besonders bewegt?
Wir leben ohne Zweifel in einer herausfordernden Zeit mit vielen Veränderungen. Ich habe in der Corona-Pandemie und in der Ukraine-Krise viel Unsicherheit, aber auch viel Solidarität und insgesamt einen großen Zusammenhalt erlebt. Wir werden in Kronshagen auch zukünftige Herausforderungen gut meistern, weil wir an einem Strang ziehen. Hier ist das Zusammenspiel von Hauptamt und Ehrenamt von großer Bedeutung. Dass wir im Hauptamt die Ärmel hochkrempeln, ist unser Job.
Wichtiger ist, dass das Ehrenamt, das eine kleine Corona-Delle hat, wieder mehr Zuspruch erhält. Auch in Kronshagen gibt es vakante Positionen in Vereinen und Verbänden und ich bitte alle, darüber nachzudenken, sich ehrenamtlich einzubringen. Es macht Spaß, gemeinsam Ziele zu erreichen.

Foto: Gisela Tams